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Vierter Zeitraum.
wurde und Huß dagegen auftrat, veranlaßte ihn Wenzel, Prag zu
verlassen. Er begab sich auf das Gut eines Adligen in der Nähe des
jetzigen Tabor und verbreitete nun seine Lehren auch unter der
Landbevölkerung..
Inzwischen war Siegmund zum deutschen Kaiser! gewählt
worden. Alsbald betrachtete er als seine Hauptaufgabe die Ein-
berufung eines allgemeinen Konzils zur Behebung der kirchlichen
Schäden ; nach längeren Unterhandlungen ließ sich Johann XXIII.
auch dazu herbei.
3. Das Konzil von Konstanz (1414—1418). Es war eigentlich
ein_außerordentliches Parlament des ganzen Abendlandes, denn
es fanden sich hier die Zierden der Universitäten, über 18.000 Geist-
liche, der Kaiser und eine große Zahl weltlicher Fürsten, 80.000
Laien zu kürzerem cder längerem Aufenthalt ein; noch einmal
leuchtete der Glanz des Kaisertums, unter dessen Autorität sich
das Konzil stellte. Um nicht den besonders zahlreich erschienenen
Italienern die Entscheidung zu überlassen, wurde nach Nationen
(Deutsche, Franzosen, Engländer, Italiener, Spanier) abgestimmt.
Die Gegenstände der Beschlußfassung waren die causa fider, causa
unionis und causa reformationts.
a) Causa fidei. Huß wurde wegen Verbreitung ketzerischer
Lehren vorgeladen; er begab sich nach Konstanz, nachdem ihm
Siegmund einen Geleitsbrief ausgestellt und eine mündliche Zu-
sicherung erteilt hatte. Anfangs konnte sich Huß frei bewegen,
später wurde er zwar verhaftet, doch verschaffte ihm Siegmund die
Möglichkeit, sich vor dem Konzile zu verteidigen. Da Huß jeden
Widerruf verweigerte und sogar die Autorität des Konzils verwarf,
wurde er nach dem bestehenden Gesetze, das aus der Zeit Frie-
Jrichs II. stammte, zum Feuertode verurteilt (1415). Er wurde
ve&brannt, im nächsten Jahre auch sein Gesinnungsgenosse Magister
Hieronymus von_Prag.
b) Causa uniunis. Das Konzil forderte alle drei Päpste zur
__.Abdankung auf; Gregor XIT. entsagte seiner Würde, Benedikt XIIL.
in Avignon fügte sich nicht und verlegte seinen Sitz nach Spanien,
wo sich bald niemand um ihn kümmerte, Johann XXIITL. entsprach
dem Ansinnen des Konzils in der Hoffnung, durch Nachgiebigkeit
|414-1418,
1415.
1 Nach seiner Kaiserkrönung nahm er an Stelle des bisherigen einköpfigen
Adlers einen zweiköpfigen ins Wappen; daher stammt der Österreichische
Doppeladler.