Full text: Der geschichtliche Lehrstoff für österreichische Volksschulen

selbst war Maler, Bildhauer und Metallkünstler und liebte präch— 
tige Bauten. Die meiste Zeit aber widmete er der Sternkunde. 
An seinem Hofe wirkten deshalb zwei Astrologen, ein dänischer 
Tycho de Brahe) und ein deutscher (Kepler). i) Mit ihnen vergaß 
er über den Sternen das Reich und dessen Gefahren. Wochen— 
lang kam der gemütskranke König nicht ins Freie und oft schon 
sprach man von seinem Tode, während er noch lebte. 
Kepler war aus Graz gekommen. Dorthin hatten den Schwaben die 
protestantischen Stände der Steiermark berusen, als sie in Graz eine Hochschule 
gründeten. (Bezeichnend für die damalige Zeit ist es, daß Kepler auf der langen 
and schwierigen Reise aus seiner Heimat nach Graz für sich und seine Diener nur 
311/3 Gulden brauchte und daß sein neuer Jahresgehalt 150 Gulden betrug, 
wozu er freilich durch Abfassen des Kalenders noch einiges erwarb.) Sechs 
dahre hatte er hier verlebt. Als aber Karl von Innerösterreich und besonders 
dessen Sohn Ferdinand II. mit aller Strenge die Gegenreformation durchführten, 
mußte auch der berühmte Lehrer weichen und ging zu Rudolf nach Prag. Aber 
auch dort war in jener unruhigen Zeit seine Stellung keine gesicherte. Denn 
Rudolf wurde von seinem eigenen Bruder zur Abdaukung gezwungen und Kepler 
war wieder brotlos. Er wandte sich nach Linz. 
d) Matthias. 
Die Unfähigkeit Rudolfs, sein Reich zu beherrschen, benützte 
sein Bruder Matthias, gewann die Stände in dessen Ländern 
durch Zugeständnisse und zwang den König zur Abdankung in 
Ungarn, Mähren und sterreich (Wenisch 213). Nun stellten aber 
auch die Stände Böhmens ihre Forderungen und erzwaugen von 
dem bedrängten König Rudolf den sogenannten Majestätsbrief 
1609), in welchem er den Protestanten seiner Länder freie Reli— 
gionsübung zusichern und den Bau neuer Kirchen und Schulen 
gestatten mußte. 
Als aber Matthias felbst zur Herrschaft gelangt war, ver— 
ließ er (beeinflußt durch den Kardinal Khlesl) die den Protestan— 
ten freundliche Richtung und erregte hiedurch neue Unzufrieden— 
heit unter denselben. Es bildete sich wieder ein Bund protestan— 
lischer Fürsten (die Union), an dessen Spitze der Kurfürft von der 
Pfalz berufen wurde. Dem wurde gleich ein katholischer Bund 
) Bild von Meinhold: Kepler bei Rudols.
	        
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