Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Teil 5)

196 Das Zeitalter d. Zerstörung d. alten Reichs u. b. Entstehung d, neuen deutschen Kaisertums, 
70 % auf dem Seewege vollzieht (s. § 146), hat er die große Bedeutung 
unsrer Seeinteressen von vorherein anerkannt und sie unablässig 
gefördert. Das von Wilhelm I. begonnene Werk des Nordostseekanals, 
das im Jahre 1895 vollendet wurde, dient in erster Linie dem Zwecke der 
Küstenverteidigung. Durch zwei neue Flottengesetze ist eine wesentliche 
Verstärkung der Marine angeordnet worden, die sich schon deshalb als 
nötig erwies, weil andere Seestaaten, außer England auch Frankreich, 
Rußland, die Vereinigten Staaten und Japan, große Anstrengungen 
machten, um ihre Flotte zu vergrößern. 
Kolonien. Gleichzeitig war der Kaiser auf Mehrung unseres Kolonial- 
b e s i tz e s bedacht. Mit England kam 1890 ein Vertrag zustande, 
der den Zweck hatte, gewisse Interessengegensätze aus der Welt zu schaffen: 
Sansibar wurde den Engländern überlassen, die dafür Helgoland 
an Deutschland abtraten. Als 1897 einige deutsche Missionare in China 
ermordet wurden, besetzten deutsche Marinetruppen den Ort T s i n g t a u 
an der Bucht von Kiautschou, der darauf von der chinesischen Re- 
gierung in Form einer Pachtung an uns abgetreten wurde. So wurde 
ein Stützpunkt der deutschen Macht in Ostasien geschaffen. Dies erschien 
um so wichtiger, als das durch einen unglücklichen Land- und Seekrieg mit 
Japan auf das stärkste erschütterte China mehr und mehr in Ab- 
hängigkeit von fremden Mächten zu geraten schien; die deutsche Regierung 
hielt es daher für nötig, mit Rücksicht auf die Bedeutung des deutschen 
Handels in Ostasien und die Wichtigkeit des von mehr als 400 Millionen 
bewohnten China für den deutschen Export, sich einen angemessenen Ein- 
fluß auf die chinesischen Angelegenheiten zu sichern. 
Im Jahre 1899 wurde unser Kolonialbesitz im stillen Ozean durch 
den Ankauf der Karolinen und Marianen vergrößert, die uns 
Spanien überließ, nachdem es in einem See- und Kolonialkriege deu 
Vereinigten Staaten unterlegen war und die Philippinen, Euba 
und Puertorico an sie hatte abtreten müssen. 
SB Als im Jahre 1900 in China der Fremdenhaß zu furchtbaren 
Greueltaten, zu der Ermordung des deutschen Gesandten, der Belagerung 
der europäischen Gesandtschaften in Peking und der Niedermetzelung vieler 
Missionare und eingeborener Christen führte, beteiligte sich Deutschland 
an einer Gesamtunternehmung der Großmächte und sandte zum erstenmal 
ein starkes Truppenkorps über See. Der Oberkommandierende der ver- 
einigten Truppen, Generalseldmarschall Graf Waldersee, nahm 
in Peking sein Hauptquartier. Die chinesische Regierung wurde genötigt, 
sich zur Zahlung einer Entschädigungssumme an die beteiligten Mächte
	        
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