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Indem der Friede des Antalkidas (in den Urkunden ->) ßaaUiws elQnvn genannt)
Kleinasien wieder den Persern auslieferte, war er tatsächlich die Umkehr des Znstandes
unter Cimou (f. S. 70). Der Perserkönig und Sparta maßten sich zugleich das Recht
-an, die Ausführung des Autalkidischen Friedens zu überwachen.
§ 16.
Thebens Aufkommen. Nenbegründung eines Athenischen Seebundes.
1.Thebens Knechtung und Befreiung. Unter dem Vor-
wand, den Frieden des Antalkidas aufrecht erhalten zu müssen, griffen die
Spartaner rücksichtslos in die Verfassung der ihrer Macht erreichbaren
Staaten ein. Auf einem Zuge nach Chalcidice, wo das mächtige Olynth
im Widerspruche mit den Bestimmungen des Friedens einen Bund gegründet
hatte, legte P h ö b! d a s in die K a d m e a, die Burg von Theben, im Ein-
Verständnis mit den thebanischen Oligarchen eine spartanische Besatzung (383).
Die vertriebenen Demokraten, darunter Pelopidas, fanden in Athen eine
Zuflucht. Nach vier Jahren kehrte Pelopidas heimlich zurück und befreite
durch führten Handstreich seine Vaterstadt von der drückenden Herrschaft der
Oligarchen (379).
Pelopidas und seine Genossen waren im Aufzug von Jägern in die Stadt
gelangt; in Theben vereinigten sie sich mit Gleichgesinnten und überwältigten bei einem
Gastmahle, wo sie als Tänzerinnen verkleidet Zutritt gefunden hatten, die Häupter
der oligarchischen Partei. Dann wurden die Bürger zur Freiheit aufgerufen; die
spartanische Besatzung auf der Kadmea ergab sich gegen freien Abzug.
2. Der Böotische Städtebund und der neue Athenische
Seebund, seit 378. Das durch Pelopidas befreite Theben übernahm,
geleitet von Epaminondas, die Führung der böotifchen Städte. Gleich-
zeitig vereinigte das mit Theben verbündete Athen etwa hundert Jahre
nach der Gründung des alten Delifchen Seebundes abermals die wichtigsten
Inseln und Küstenstädte zu einer Bundesgenossenschaft unter der Bedingung
der Gleichberechtigung.
Theben hatte in der früheren Zeit an den großen Ereignissen in Griechenland
keinen entscheidenden Anteil genommen, namentlich hatte es bei der Abwehr der Perser
eine unrühmliche Rolle gespielt; im Peloponnesischen Krieg half es den Spartanern
bei der Niederwerfung Athens, um bald darauf selbst das Demütigende der spartanischen
Hegemonie zu fühlen. (Der gegenseitige Schutz der athenischen und der thebanischen
Flüchtlinge 404 und 383.) Die Böotier standen bei den Athenern im Rufe der geistigen
Langsamkeit und Plumpheit, doch sind aus ihnen große Dichter wie Hesiod und Pindar
hervorgegangen; jetzt erstand in Epaminondas eine der reinsten politischen Ge-
stalten, welche die griechische Geschichte kennt. Aus edlem Geschlecht, wenn schon arm,
großgesinnt und enthaltsam, Feldherr und Staatsmann, dabei auch philosophisch ge-
bildet, beherrschte er die Gemüter seiner Landsleute und machte einen bedeutenden
Eindruck auf seine Zeitgenossen. Durch seine Freundschaft mit dem reichen und ritter-
lichen Pelopidas gab er den Thebanern das Vorbild inniger Waffenbrüderschaft (die
sog. „Heilige Schar" der Thebaner).