Full text: Angewandte Geschichte

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Römische Geschichte. 
1. 
tveshalb ist die Reform gescheitert? 
1. Zwar hat es in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts vor Chr. 
nicht an ernsten patriotischen Männern gefehlt, welche mit großer Be- 
forgnis die zunehmende Entartung wahrnahmen und mit Mut und 
zäher Ausdauer die Verhältnisfe zu bessern suchten: 
Der alte Kato kämpfte sein ganzes Leben hindurch für die 
altrömische Einfachheit und Frömmigkeit; 
Amilius Paulus und sein trefflicher Sohn P. Cornelius 
Scipio Ämilianus scheuten keine Mühe, um Disziplin und 
Tapferkeit bei den Truppen wieder herzustellen und sie zum 
Siege zu führen. 
Aber es dauerte lange, bis man die Ursache des Übels 
erkannte: nämlich die einseitige egoistische Herrschaft des Geldes; das 
Schwinden eines gesunden Bauernstandes; die rechtlose Stellung der 
Bundesgenossen. Erst die beiden Gracchen haben die Bedürfnisse 
ihrer Zeit klar erfaßt und zielbewußt und mutig den Staat zu retten 
gesucht. Mit dem Jahre 133 v. Chr. beginnt die große Reformbewegung, 
die allmählich zu Revolution und völliger Anarchie führt und mit der 
Alleinherrschaft des Augustus endet. 
Fünf verschiedene Bestrebungen traten, einander fördernd 
und hemmend, immer wieder in den Vordergrund: 
1. Bodenreform (lex agraria), 
2. Armenpflege (lex frumentaria), 
3. Gründung von Kolonien (lex de coloniis deducendis), 
4. Gerichtsbarkeit (les iudiciaria), 
5. Ausdehnung des Bürgerrechts auf die Bundesgenossen (lex de 
civitate sociis danda). 
2. Die sozialen Reformbestrebungen sind gescheitert, 
weil es an sozialer Gesinnung fehlte. Zu groß war die Kluft 
zwischen den verschiedenen Schichten der Bevölkerung geworden: 
zwischen den drei Ständen der römischen Bürgerschaft; 
zwischen den Bürgern und Bundesgenossen; 
zwischen den Bewohnern Italiens und der Provinzen; 
zwischen den Freien und Sklaven. 
Wie gering war die Zahl derer, die sich selbstlos von dem Ge- 
danken an das Wohl des Ganzen leiten ließen? Der individualistische
	        
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