Die absolute Monarchie.
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von 850—400 ist die des größten und rohesten Luxus, an dem sich auch
jetzt schon die christlichen Prälaten beteiligten. Der große Reichtum der Kirche
hatte sie rasch verweltlicht. Die Leidenschaft für die Spiele bestand nach wie
vor, aber die entsittlichenden Fechterspiele wurden durch die christlichen
Kaiser beschränkt. Die allgemeine Sittlichkeit muß sich durch den Einfluß des 253
Christentums und die guten Familienverhältnisse der Germanen gehoben haben. Sitte.
Namentlich ist das eheliche Leben der Kaiser geradezu musterhaft gewesen.
Leider erfahren wir von den sittigenden Wirkungen des Christentums sehr
wenig; aber so viel ist sicher, daß es namentlich die Wirksamkeit der christlichen
Liebesthätigkeit war, welche die Heiden allmählich mächtiger als Glaubenssätze
und Strafen zur Gegenliebe zwang und dem christlichen Glauben zuführte.
Die heidnische Litteratnr weist nur noch einen großen Geschichtschreiber 254
der Kaiserzeit auf, den Ammianus Marcellinus; er ist sorgfältig, Litte-
wahrheitsliebend und besitzt tieferen Einblick in die Zeit und eine reifere
politische Bildung; nur seine Sprache ist mangelhaft, da er, ein Grieche,
lateinisch schrieb. Frischeres Leben herrschte in der christlichen Litteratur,
die teils Streit-, teils Erbauungsschriften hervorgebracht hat. Der bedeutendste
Geist ist Eusebius Hieronymus, ein Mann von tiefer Gelehrsamkeit,
scharfem Verstände, glänzendem Witze, lebhafter Phantasie; er hat durch seine
schriftstellerische Thätigkeit, namentlich durch seine Übersetzung und Erklärung
der h. Schrift die lateinische Sprache zur Kirchensprache gemacht.
Auch Ambrosius von Mailand hat sich in seinen Schriften als Prediger
von großer Wirkungskraft bethätigt; am einflußreichsten für die Folgezeit wurde
aber Augustinus, der in seinem „Gottesstaat" (de civitate dei) und in
seinen Selbstbekenntnissen (confessionea) die Glaubensrichtung der folgenden
Zeiten bestimmt hat. Denn er hat die religiöse Sprache geschaffen, die uns
vertraut ist aus Liedern, Gebeten und Erbauuugsbüchern, und in der Auf-
faffuug des Wesens der Religion und der tiefsten Probleme der Sittlichkeit
verehren wir ihn noch als unseren Lehrer. Für die Ausbildung des katho-
tischen Kirchentnms und für die Herrschaft der Kirche ist seine Bedeutung
nicht geringer als die ihm verliehene Kraft, individuelle Frömmigkeit und
persönliches Christentum zu wecken. Ihren wahren und lebendigen Ausdruck 255
findet aber die christliche Glaubensinnigkeit erst in dem Lobliede zum Preise Kirchen-
Gottes und Christi; der Dank gegen die Gottheit spricht sich in innigem Ge-
fühle aus, und aus diesen Stimmungen heraus klingt mächtig und gebieterisch
die Mahnung, sich treu und als echten Bekenner dieses gütigen Schöpfers zu
erweisen. Gewaltig erfaffen uns heute noch die Töne des ambrosianischen
Lobgesanges.
Die Kunst lag darnieder; die großen Bauten Diokletians (Thermen) 256
und Konstantins (Basilika) in Rom wirken mehr durch die kolossalen Kunst.
Verhältnisse der Säulen, durch die Kühnheit der gewaltigen Bogen, durch die
Fülle des Marmors; das Einzelne ist roh und kunstlos. Der Triumph-
bogen desselben Kaisers in Rom zeigt neben einzelnen Schönheiten ein
Sinken des Geschmackes. Denselben Charakter trugen die großartigen Kaiser-
bauten in Trier. Der christlichen Anschauung, die sich von der Außenwelt
auf das Innere zurückzieht, entsprach die Entwickelung der Basilika als