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Die Seele der Freiheitsbewegung war der Cheruskerfürst
Armin, ein fünfündzwanzigjähriger Jüngling, der wie sein Bruder
und viele anderen germanischen Fürstensöhne unter Roms Fahnen
gedient und zugleich gelernt hatte, wie man das im offenen Feld
unüberwindliche römische Heer bekämpfen müsse, wenn man auf
Sieg hoffen wollte. Da der kurzsichtige römische Statthalter
Quinktilius Yarus (Fig. 249) dem jungen Cheruskerfürsten sein
Vertrauen schenkte und auch nicht durch einen Verräter im Lager
der Germanen, einen anderen Cheruskerfürsten namens Segestes,
sich vor der über seinem Haupte schwebenden Gefahr warnen ließ,
so gelang der sorgfältig vorbereitete Plan.
Der römische Feldherr ließ sich mit einem Heer von
drei Legionen aus seinem Hauptquartier an der mittleren
Weser auf dem Rückweg zum Winterlager in Vetera
kastra durch die erfundene Nachricht, daß ein Gau in der Nach¬
barschaft abgefallen sei, von seiner Richtung ab in unwegsame
Gegenden verlocken und sah sich hier plötzlich in
Schluchten und Wäldern vom Feind umzingelt. An seiner
Rettung verzweifelnd gab sich Varus selbst den Tod; sein Heer
wurde so gut wie vernichtet; drei römische Adler wurden von den
Germanen erbeutet. Dies war die sogenannte Schlacht im
Teutoburger Wald1).
Das rechte Rheinufer ging verloren. Zwar wurde als¬
bald Tiberius wieder an den Rhein geschickt; er flößte auch den
Germanen Furcht ein; aber auf die Wiedereroberung des Verlorenen
verzichtete man grundsätzlich.
C. Die Familienverhältnisse des Augustus.
Die Niederlage des Varus war der einzige bedeutende Mißer¬
folg, welchen die Regierung des Augustus aufzuweisen hatte.
Dagegen erlebte er in seiner Familie nur Kummer und
Leid. Vor allem war es ihm nicht vergönnt, sein Werk und
seine Stellung einem Leibeserben zu hinterlassen. Von seiner
zweiten Gemahlin Skribonia hatte er eine Tochter namens Julia.
Durch ihre zügellose, ausschweifende Lebensweise nötigte diese
Wo die Schlacht geschlagen wurde, läßt sich nur ungefähr aus dem
Gresagten bestimmen, wahrscheinlich in der Gegend von Osnabrück (Fig. 250).
An den Sieg erinnert die Kolossalstatue „Hermanns“ des Che-
ruskers in Detmold von dem Bildhauer E. von Bändel (1875 enthüllt)
(Luckenbach, Kunst und Geschichte III, 64).