Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

Die Zeit von Spartas Gewaltherrschaft. 
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so doch in der Form. So steht der hervorragendste Geschichts¬ 
schreiber, Thuzydides (Fig. 166), der Erzähler des Peloponnesischen 
Krieges bis zum Jahre 411, unter dem Einfluß der von den 
Sophisten gelehrten Rhetorik. 
Der Hauptvertreter der Tragödie, der fruchtbare Euripides 
(Fig. 165), zeigt ebenfalls in seinen Betrachtungen und Gedanken¬ 
folgen die Früchte des sophistischen Rationalismus. 
C. Gegner der Sophistik. 
Den Kampf gegen die Sophistik, wie überhaupt gegen die 
herrschenden Kreise, nahm die Komödie auf sich. Der geistvollste 
Komödiendichter, Aristophanes, übergoß mit der scharfen Lauge 
seines Witzes ebensowohl die Verkündiger der neuen Lebens¬ 
weisheit wie die politischen Tagesgrößen der herrschenden 
Demokratie. 
Aber in seiner tendenziösen Verfolgung von allem, was ihm mit 
der modernen Bildung zusammenzuhängen schien, vergriff er sich 
nicht nur an Euripides, sondern auch an der erhabensten und 
edelsten Gestalt des Zeitalters, an Sokrates (Fig. 162). 
Ein schlichter, unscheinbarer Mann von abstoßendem Äußerem, 
ging Sokrätes in den Straßen Athens einher, zog da und dort 
iemand, der ihm begegnete, in ein Gespräch, kam von Gleichgültigem 
auf die Erörterung wichtiger Fragen und regte, indem er seinen 
Partner darauf hinwies, wie wenig er wisse, zum Nachdenken an. 
Daß er rücksichtslos den Vorurteilen ins Gesicht schlug, war nicht 
geeignet, ihn bei der großen, eiteln Menge beliebt zu machen. 
Vielmehr gewann dadurch die Ansicht einen Schimmer von Be¬ 
rechtigung, als ob auch er einer von den neuen, klügelnden 
Schwätzern sei, die auf Untergrabung aller Autorität hinarbeiteten. 
So konnte es kommen, das er, ein siebzigjähriger Greis, nicht 
von böswilligen, sondern von kurzsichtigen Menschen im Jahre 399 
angeklagt wurde, er verderbe die Jugend und suche neue 
Götter einzuführen. Mit geringer Stimmenmehrheit wurde er von 
den Geschworenen der zur Last gelegten Frevel schuldig gesprochen; 
und als er auf die Frage, welcher Strafe er sich für würdig er¬ 
achte, die höchste Ehre für einen athenischen Bürger, die Speisung 
im Prytaneum, beantragte, da klang die Kühnheit des Mannes den 
Richtern wie Hohn, und er wurde zum Tode verurteilt. Als treuer 
und gehorsamer Bürger verschmähte er jeden Weg zur Flucht und 
trank, sich selbst treu bis zur letzten Stunde, den Schierlingsbecher.
	        
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