Full text: Geschichte des Mittelalters (Hälfte 1)

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ihn nicht erfüllen, da das Recht der Selbsthilfe durch die goldene Bulle nicht ge- 
leugnet, fondern sogar neu bestätigt und nur an die Beachtung gewisser Formen 
gebunden wurde. Jede Fehde sollte drei Tage zuvor angesagt werden, wer die An- 
kündigung versäumt, soll als Verräter der gesetzlichen Strafe anheimfallend) 
Es war natürlich, daß die goldene Bulle mit ihren einseitigen Be¬ 
stimmungen zu Gunsten der Kursürsteu den Widerspruch aller derer wach- 
rief, welche sich benachteiligt oder gar unterdrückt sahen. Die Städte und 
die Ritterschaft fühlten sich in ihrer Selbständigkeit bedroht, die Fürsten 
blickten mit Neid auf die Vorrechte der Kurfürsten. Während aber die Fürsten 
nach und nach sämtlich die gleichen Privilegien für ihre Territorien gewannen, 
welche die goldene Bulle den kurfürstlichen Ländern verliehen hatte, unter- 
lagen die Städte und die meisten vom Adel im Ankampf gegen die immer 
weiter um sich greifende Macht der Landesherren. 
§ 42. 
Karl IV. und Rudolf IT. von Österreich. Krönung zu Arles. 
Um geringer Ursache willen entbrannte im April 1357 ein kurzer Krieg 
zwischen Karl und den Herzögen Albrecht und Stephan von Nieder- 
bayern. Die letztere^ belagerten den Vitztum des Herzogs Albrecht von 
Bayern-Straubing, Peter Ecker, der durch Aufnahme böhmischer Truppen 
in Donaustauf sich als ergebenen Anhänger des Kaisers bekundet hatte, in 
der Burg Natternberg oberhalb Deggendorf. Karl rückte zum Entsatz herbei; 
da er sich aber den Wechselfällen eines Kampfes nicht aussetzen wollte, nahm 
er die Vermittelung des Herzogs Albrecht von Österreich in Anspruch. 
Ein Waffenstillstand wurde abgeschlossen und der Austrag des Streites dem 
schiedsrichterlichen Urteile des Herzogs von Österreich überlassend) Jedoch 
blieben die Bemühungen desselben erfolglos, der Krieg begann von neuem 
und fand erst im November 1357 seine Endschaft durch einen Waffenstillstand, 
der bald nachher in einen Frieden umgewandelt wurde?) 
Bedenklicher waren die Zerwürfnisse mit Herzog Rudolf IV. von 
Österreich,4) dem Nachfolger des am 20. Juli 1358 gestorbenen Albrecht 
und Schwiegersohne des Kaisers. Ein junger, von ehrgeizigen Plänen erfüllter 
Fürst, kannte auch er kein anderes Ziel, als erwerben und gewinnen. Das 
Beispiel, das Karl IV. in Böhmen gegeben, reizte ihn zur Nachahmung. 
Auch er trachtete danach, sein Land vom Reiche unabhängig zu machen,5) 
maßte sich unbefugterweise Titel und Rechte an und entfaltete an feinem 
1) c. 17. 2) Ann. Matseens. (M. Gr. SS. IX, 830). Ann. Eistett. 543. Chron. 
de duc. Bav. (B.F.1,145). Nach Karls IV. Brief bei Pelzel, Karl IV. Urk. B. 
2,385 haben die Herzöge aus Furcht vor dem Kaiser die Belagerung aufgehoben 
und NM Frieden gebeten. 3) Vgl. Huber p. 560, no. 287, 288, 289. 4) Huber, 
Geschichte des Herzogs Rudolf IV. von Österreich. Jnusbr. 1865. 5) Um urkund¬ 
liche Beweise für die Rechtmäßigkeit der österreichischen Ansprüche zu haben, wurden 
in Rudolfs Kanzlei im Winter von 1358/1359 eine Anzahl Urkunden angefertigt, 
welche angeblich von früheren Kaifern und Königen den österreichischen Herzögen 
verliehen worden waren. S. über diese Österreich. Freiheitsbriefe Wattenbach im 
Archiv für Kunde österr. Gesch.-Q. VIII, 79 flg. Huber, Entstehungszeit der österr. 
Freiheitsbriefe (Sitzungsber. der W. Ak. 34. Bd.) und Herzog Rudolf IV. x. 26 flg. 
Berchtold, Die Landeshoheit in Österreich nach den echten und unechten Freiheits- 
bliesen. München 1862. 
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