Full text: Geschichte des Mittelalters (Hälfte 1)

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berger Diözese mußten seit 1451 infolge eines Beschlusses der Bamberger 
Provinzialfynode alle jüdischen Männer auf der Brust einen Ring von gelben 
Fäden, die Frauen zwei blaue Streifen am Kopfputze tragen.1) 
Über das innere Aussehen der deutschen Städte des Mittelalters 
fehlt es fast ganz an urkundlichen Nachrichten, vor allem an folchen, welche uns 
von der Art des Häuserbaues Kunde bringend) Die Gassen waren eng und 
winklig, da nirgends ein fester Bauplan innegehalteü wurde; an freien Plätzen 
war überall Mangel, und selbst die Märkte erwiesen sich meist für den leb- 
haften Handelsverkehr, der sich seit dem 13. Jahrhundert in den Städten 
entfaltete, nicht geräumig genug. Die an und für sich schmalen Gassen er- 
fuhren eine weitere Verengerung durch die Gaden und Überhänge der Häuser, 
aus denen selbst wieder Erker und Söller hervorsprangen, so daß die oberen 
Stockwerke gegenüberliegender Häuser einander bis auf wenige Ellen genähert 
waren. Wo, wie in den Städten Niederfachsens, Thüringens und Frankens, 
die vorspringenden Oberstöcke durch Pfeiler gestützt wurden, entstand zwischen 
dem eingerückten Unterstock und den Pfeilern ein gedeckter Gang, die Lauben, 
der den Fußgängern bei Unwetter einigen Schutz bot. Die Reinlichkeit in 
den Straßen ließ viel, wenn nicht alles zu wünschen übrig. Nur wenige 
Städte kannten den Luxus des Pflasters; daher waren bei anhaltendem Regen- 
wetter die Wege grundlos und für Wagen- und Fußverkehr kaum passierbar. 
Unrat und Dünger wars jeder vor die Häuser, und erst seit der Mitte des 
14. Jahrhunderts suchte der Rat durch Polizeiverordnungen dem Unwesen 
zu steuern. War der Stadt der Besuch des Königs oder eines Fürsten an- 
gesagt, so wurden die Straßen durch Aufwerfen von Stroh und Schutt in 
eine etwas bessere Verfassung gebracht. Die Mehrzahl der Häuser war bis 
ins 14. Jahrhundert aus Holz gebaut und mit Schindeln oder Stroh ge- 
deckt; hier und da ragte eine Kirche, ein Stift oder Kloster oder ein Patrizier- 
Hof hervor, die durch ihren massiven Bau sich vorteilhaft von den benach- 
barten „Baumhäusern" unterschieden. Seitdem hörte man auf, die Häuser 
bloß aus Holz zu bauen; durch die Verwendung des Steins und durch die 
zu größerer Sicherheit angeordnete Ziegeldeckung gewannen die Städte äußer- 
lich ein stattlicheres Aussehen. Hier und da wurde nun verboten, die Straßen 
durch Überhänge und Vorbauten zu verengern, und durch Aufstellung von 
Feuerlöschordnungen suchte man in einzelnen Städten die Feuersgefahr zu 
verringern. 
Nach der Lage der Stadtteile wurden die städtischen Einwohner, gleich- 
giltig, welchem Geburtsstande sie angehörten, in Gebnr- oder Heimschaften 
(viciniae) eingeteilt; den Mittelpunkt derselben bildete die Kirche: die Ge- 
burschaften waren also in erster Linie kirchliche Sprengel, zugleich aber poli- 
tische Bezirke. Ihre politische Bedeutung tritt namentlich in Köln hervor. 
Hier hatte jede von den sieben Parochien der alten Stadt ihren eignen Bur- 
richter, der die niedere Gerichtsbarkeit verwaltete, und ihr eignes Rathaus 
zur Abhaltung der Burdinge; die Vorstadtparochien, die mit dem Anwachsen 
der Bevölkerung um den ursprünglichen Kern sich ansetzten, erhielten eine 
ähnliche Verfassung, so daß jede von den 19 Gemeinden, aus denen Köln 
l) Stobbe 175. 2) Vgl. zum folgenden Arnold, Gesch. der deutschen 
Freistädte II, 218flg. Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit II, 1, 
108 flg. (9. Aufl. Leipz. 1876). 
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