178 Die kirchlichen Zustände.
zuheben: 1495 ward dem damals eingesetzten Reichsrat aufgegeben,
„die Beschwerden gegen den Papst in Betracht zu ziehen;" 1498
forderte Der Reichstag den Papst auf, „er möge die Annaten, die er
in Deutschland erhebe, zu einem Kreuzzuge gegen die Türken her¬
geben;" 1500 ward eine Abordnung an den Papst beschlossen, um
ihm Vorstellungen wegen der unregelmäßigen Besetzung der Pfründen
zu machen. Als ein päpstlicher Legat einen „Jubel-Ablaß" beim Be¬
ginn des neuen Jahrhunderts predigte, ward er gemahnt, ,, den Land¬
frieden zu respektieren", und wurden ihm zur Überwachuug Kom-
missarien beigegeben. 1510 fand auf Befehl des Kaisers Maximilian
eine Zusammenstellung aller Beschwerden gegen Rom statt, die dann
dem Reichstag übergeben ward.
Eine andere gefährliche Gegnerschaft erstand der Kirche von zwei
Seiten her: von feiten der freien Wissenschaft, welche der
Humanismus oder das Studium der Alten auch nach Deutschland
brachte, und von seiten einer streng auf dem Boden des Christentums
stehenden, aber eben darum gegen die Ausartungen des Papsttums
und der Geistlichkeit unerbittlichen Richtung innerhalb der Kirche selbst.
Fromme Prediger, wie Eckhard, wie Tanler u. a., zogen im Lande
umher und predigten eindringlich und mit großem Erfolg gegen die
weltlichen Laster ebensowohl der Geistlichen, wie der Laien, suchten
wahre innere Besserung bei ihren Hörern zu erzeugen und machten
dieselben ebeudadurch gleichgültiger gegen die bloß äußerlichen kirch¬
lichen Bußen. In den Schulen der Humanisten aber — zn Deven-
ter, zu Schlettstadt u. s. w. — sowie auf den Universitäten, deren
im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts wohl ein Dutzend in den
verschiedenen Gegenden Deutschlands gegründet worden waren, ward
ein Geschlecht von Denkern herangebildet, gegen welches die stumpfen
Waffen der im Dienste Der Kirche arbeitenDen alten Scholastik nicht
Stand hielten.
Was dem Papsttum vollends einen harten Stoß versetzte, war
der in seinem eigenen Schoße ausgebrochene Zwiespalt („Schisma".)
Seit 1307 residierten die Päpste nicht mehr in Rom, sondern in der
französischen Stadt Avignon. Philipp der Schöne von Frankreich,
aufs höchste gereizt von Bonifaäus VIII., (der gegen ihn unternehmen
wollte, was einst Gregor VII. gegen den deutschen Heinrich IV. unter¬
nommen hatte, der aber an der Einmütigkeit des französischen Volkes
mit seinem König scheiterte), erzwang die Übersiedelung des päpstlichen
Stuhls in seine Staaten, um gegen ähnliche Angriffe gesichert zu sein.