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Robert Hamerling.
Das Antlitz dunkelrot erglüht, fragt Nero hastig:
„Antwortet nicht ganz Rom, wenn es sie liest,
Auf solche Schmähungen mit Hohngelächter?" —
8o „O Herr, die Römer schwören stets zum Sieger:
Neu wärmt man alte Blutgeschichten auf,
Laut wird gesprochen, was man sonst geflüstert.
Selbst der gemeine Haufe, der dich einst
Vergötterte, weil seine Schaulust du
«5 Befriedigt, wie's vor dir kein Kaiser tat,
Er wagt sich jetzt an dich mit spitzen Zungen,
Weil bei der großen Hungersnot vor kurzem
In Alexandrien die Schiffe du,
Statt mit Getreide für den Pöbel Roms,
so Mit Sand beladen liehst für deine Ringer.
Mit Schmähungen und frechen Lästerzeichen
Beschreibt man deine Statuen, und offen
Tritt eine langverhaltne Bitterkeit
In gräßlichen Verwünschungen hervor."
95 „Ausreißen werd' ich," ruft der grimme Nero,
„Die frechen Lästerzungen! Alle Führer
Des Heers und die Prokonsuln der Provinzen,
Die sich bisher empört, sie sollen's büßen
Mit ihrem Blute mir, und müßt' ich sie
oo Durch Meuchelmörder aus dem Wege räumen.
Die Länder geb' ich preis der Plünderung:
Und so durch Beute mir das Heer verpflichtend,
Verpflicht' ich durch den Schrecken mir die Länder.
Und den Senat, o, diese feile Schar
105 Von Schlemmern, — seh' ich Haares Breite nur
Sie schwanken nach des Galba Seite hin,
Vergift' ich sie, die Schurken, allzusammen
An meiner Tafel. Und meng Pöbeltrotz
Mich reizt, so lass' ich los die wilden Tiere, —
no Und wenn ich anders nicht das Schicksal zwinge,
So fach' ich alte Brände wieder an
Und überliefere dem Flammentod
Die Stadt und die Bewohner und — mich selbst.
Nun eile hin und ruf mir unter Waffen,
ii5 Was Rom noch birgt von kampfestücht'ger Mannschaft,
Und melde den prätorischen Kohorten,
Daß ich, noch eh' die Stunde ganz verrinnt,
Mich selbst an ihrer Spitze den Rebellen
Entgegenwerfe; doch vor allem laß