§ 95. 96.
Das Zeitalter der Reformation.
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Spanien vereinigt hatten und 1492 das letzte Bollwerk des Islam gefallen
war (vgl. § 91), verließ die Nation, durch jahrhundertelange Glaubenskämpfe
gestählt und durch strenge kirchliche Disziplin mit Hingebung und Be-
geisterung für den reinen katholischen Glauben erfüllt*), ihre Sonderstellung
und übernahm unter den habsburgischen Königen die Führung in Europa.
Im Südosten endlich bildete das osmanische Weltreich eine beständige
Gefahr für das christliche Europa.
Eine völlige Neugestaltung erfuhr dieses europäische Staatensystem wie
das gesamte geistige Leben des Abendlandes durch die deutsche Reformation,
die „Wiedergeburt des germanischen Selbstbewußtseins".
A. Das Zeitalter der Reformation (1517—1555).
1. Die deutsche Reformation vom Auftreten Luthers bis zum Nurn-
berger Religionsfrieden (1517—1532).
§ 96. Dr. Martin Luther bis zum Ausscheiden aus der alten Kirche.
Martin Luther, geboren am 10. November 1483 zu Eisleben, war Äther
der Sohn eines aus Möhra in Thüringen zugewanderten armen Berg¬
mannes. Als der Vater bald darauf nach Mansseld übersiedelte, besserten
sich seine Verhältnisse, so daß er daran denken konnte, seinem Sohne eine
gelehrte Bildung zu geben. Der Knabe besuchte die Schulen in Mansfeld,
Magdeburg und Eisenach. Im Jahre 1501 bezog er die Universität Erfurt,
zunächst, um nach dem Wunsche des Vaters Jura zu studieren. Den
humanistischen Kreisen blieb er fern, obwohl er die Alten las und wegen
ihrer praktischen Lebensweisheit schätzte. Nachdem er (1505) Magister artium
geworden war, trat er, von quälenden Zweifeln getrieben, in das Augustiner¬
kloster ein und unterwarf sich hier der strengsten Askese, ohne innerlich
Ruhe zu finden. Der Ordensvikar von Staupitz verwies ihn auf das
Studium der Heiligen Schrift und der Kirchenväter, besonders des Augustinus.
Zum Priester geweiht, siedelte er (1508) nach Wittenberg über und ent-
faltete daselbst im Dienste seines Ordens als Seelsorger, Prediger und
Professor an der von dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen
neu gestifteten Universität eine vielseitige Tätigkeit. Hier bildete er bereits
die Grundgedanken seiner Lehre aus. 1511 weilte er im Austrage seines
Ordens in Rom.
In weiteren Kreisen wurde Luther durch den Ablaßstreit bekannt.Der Abiab-
Im Jahre 1517 schrieb Papst Leo X. für alle, die einen Geldbeitrag zum 'ret
Neubau der Peterskirche in Rom (vgl. § 90) leisten würden, einen Ablaß,
d. h. Erlaß der Kirchenbuße und der zeitlichen Sündenstrafen, aus und
beauftragte den Erzbifchof Albrecht von Mainz, ihn auszuteilen. In
dessen Diensten verkündete der Dominikanermönch Johann Tetzel in
*) Die Inquisition <vgl. § 59) wurde in Spanien damals ein königliches Institut;
der erste „Großinquisitor" Torquemada hat Tausende von Ketzern dem Feuertode
überliefert.
Pfeifer, Geschichte. V. C. 12