30 Zweite Periode, von 3000 bis 555 v. Chr.
Richtung, so daß sich mehrmals Knotenpunkte bilden, in denen strahlenförmig
Bergketten und Flußläufe zusammen treffen. So entstehen mehrere, gegen ein-
ander abgeschlossene, nur von der Seeseite her leichter zugängliche Landschaften,
deren jede durch ihre Bodengliederung ein anderes Gepräge zeigt und ihre Be-
wohner in eigentümlicher Weise erzieht: diese Mannigfaltigkeit auf kleinem
Raum ist die Ursache der vielseitigen Entwickelung des griechischen Geistes und
Volkslebens, — freilich auch, weil die Interessen zu ungleich waren, die Ursache
des Mangels an politischer Einheit und lebhaftem Nationalgefühl.
§. 50. Das alte Griechenland beginnt südlich vom40.Breitengrade mit
dem Gebirgsknoten des Lakmon. Von hier streichen nach Nordosten zwischen
den Quellen des Haliakmon und des Peneus die kambnnischen Berge, die,
schwer passierbar, wie ein Riegel die griechischen Landschaften den nördlichen Bar-
baren versperren. An sie schließt sich östlich der vielgezackte Olymp, und füllt
so die Lücke bis zum Meere, das er mit feinen Ausläufern unmittelbar berührt.
2973 m hoch, der höchste Berg des europäischen Griechenlands, galt er als
Lieblingssitz der hellenischen Götter. — Nach Nordwesten ziehen sich vom
Lakmon aus zwischen den Quellen des Avus und Achelous mehrere nnznsam-
menhängendeBergketten, die mit dem akrokeraunischen Vorgebirge das adria-
tische Meer erreiche«; nach Südosten zwischen Achelous und Peneus der kahle,
unwirtliche Pindus, der zuletzt sich gabelförmig verzweigend, in den Ketten des
Othrys und Oeta eine ganz östliche Richtung nimmt und so Nord- von
Mittelgriechenland scheidet. Das Bindeglied zwischen beiden Armen bildet der
Bergkegel des Tymphrestus; zwischen ihnen fließt der Sperchins in einem
tiefliegenden Thale zum malischen Meerbusen. Von der Höhe des Pindus
schaut man nach Westen auf das wild gebirgige, schachbrettartig in kleine Kantone
abgeteilte Epiruö, den Wohnsitz ungebändigter, in sich uneiniger Berg- und
Hirtenvölker; nach Osten dagegen über Buchenwälder und mit Wein und Süd-
fruchten bewachsene Vorhügel in die üppig fruchtbare, von reichen Flußläufen
und großen Seen bewässerte Saatebene des Peneus, das rings von Bergketten
umschlossene Thessalien. Denn dem Olympns südlich gegenüber erhebt sich
der 9000m hohe Ossa: zwischen ihnen das vom unteren Pcnens durchslossene
malerische Tempethal. Parallel mit dem Pindns verläuft der Ossa in nie-
driqerer Kette als Pelion bis zum Vorgebirge Sepias, die Halbmsel Mag¬
nesia bildend; durch die Lücke zwischen Pelion und Othrys hat das Meer den
tief und breit einschneidenden pagasäischen Busen erfüllt.
§.51. Südlich von der Sperchins-Mündnng treten die Ausläufer des Oeta
hart an den malischen Meerbusen heran; ein schmaler Pfad bleibt nur am Strande
übrig, noch dazu auf der anderen Seite eingeengt durch warme, schwefelhaltige
Quellen. Das ist der Paß der Thermopyleu, der einzige Fahrweg, der rot
Altertum Nord- und Mittelgriechenland verband. Da, wo der Oeta ent-
schieden die Richtung nach Osten einschlägt, zweigt sich von ihm nach Süd-
westen hin der hohe und rauhe K or ax ab, der mit seinen Ausläufern im Vor¬
gebirge Autirrhium das Meer berührt. Er scheidet das mittlere Griechenland,
oder Hellas in engerem Sinne, in zwei nach Größe und Kultur ungleiche Teile