Full text: Abriß der Geschichte des Alterthums (Teil 1)

26 Zweite Periode, von 3000 bis 555 v. Chr. 
des Typhon. Osiris „lebt in der Unterwelt fort"; als „Herr des jenseitigen 
Lebens" weckt er auch die Seelen der verstorbenen Menschen, die „mit der 
sinkenden Sonne in den Amentes (die Verborgenheit) hinabsteigen", zu 
neuem Leben; als Todtenrichter weiset er die Bösen in die „finstere Hölle", 
die Guten in „die Gefilde des Sonnengottes" (in diese gelangen endlich auch 
wohl die Bösen, doch erst nach einer „Seelenwanderung" durch Thierleiber). 
Den Leichnamen bereitete man als „Mumien" eine „ewige Wohnung", in 
welche ihnen das „Todtenbuch", eine Papyrusrolle mit Gebeten für die 
Unterwelt, mitgegeben wurde. 
Das Kastenwesen scheint sich in Aegypten unter dem Einflüsse gleich¬ 
artiger Natur- und Landesverhältnisse eben so entwickelt zu haben, als in 
Indien. Hier wie dort mußte die eiserne Regelmäßigkeit in der Wiederkehr 
immer derselben Naturerscheinungen und damit immer derselben Beschäftigungen 
auch alle übrigen Lebensverhältnisse, wie das ganze Denken in bestimmte, 
scharf abgegrenzte Formen schnüren. Durch die Religion wurden dieselben ge- 
heiligt. Die Grundlage der Kasteneintheilung bot wohl das Eindringen der 
Eroberer. Die Priester pflanzten in ihren Geschlechtern höhere Bildung 
fort und förderten insbesondere durch Berechnung und Leitung der Nilüber- 
schwemmuugen mit dem Ackerbau und dem Handel eine feste Staatsordnung. 
Der König (Pharao) hatte göttliches Ansehen und stand über den Priestern, 
als „Sohn der Sonne oder Ämmon's" mit der Gottheit in unmittelbarer 
Verbindung. Die Krieger standen im Dienste des Königs, der als Eigen- 
thümer von allem Grund und Boden, sie wie die Priester mit angemessenem 
Grundbesitz zu ihrem Unterhalte ausstattete. — Auch die übrigen Ein- 
wohner des Landes waren in Kasten vertheilt, deren Unterschiede allerdings 
durch die Religion aufrecht erhalten wurden, aber in Folge der gleicheren Ab- 
stammung hier wohl nicht so schroff gesondert waren, wie in Indien. — Die 
Priesterschaft, in Besitz aller höheren Kenntnisse, verfaßte schon früh heilige 
Schriften, welche in 42 Büchern nicht bloß die Lehren der Religion und 
die Vorschriften für den Gottesdienst, sondern auch den Unterricht in der 
Schreibkunst, der Feldmessung, Astronomie, Astrologie und Arzneikunde ent- 
hielten. Die „Sterndeuter" bestimmten dasJahr Anfangs zu 360, dann 
zu 365 Tagen (mit 12 Monaten und siebentägigen Wochen); ja sie wußten 
schon im 14. Jahrhundert v. Chr., daß, weil das bürgerliche Jahr den über- 
schießenden Vierteltag des Sonnenjahres unberücksichtigt ließ, 1461 solcher 
Jahre (die „Sothispenode") dazu gehörten, damit der Jahresanfang wieder 
mit dem Eintritt der Überschwemmung und dem Frühaufgang des Hundsterns 
(Sothis) zusammentreffe. Von der Bilderschrift der Hieroglyphen ans- 
gehend, kamen die Aegypter zu einem gemischten Schriftsystem. Zu ab- 
gekürzten Bildern und Symbolen aus den Denkmälern gesellten sie eine Laut- 
schrist, die schon zu Herodot's Zeiten nicht nur zu einer hieratischen Cursiv- 
schrift (auf Papyros), fondern auch zu einer demotischen oder Volksschrift 
geführt hatte.
	        
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