48 Dritte Periode. Die Zeit der Umwälzungen.
Durch andere Gesetze wurden bestehende Vorrechte und Standes-
unterschiede (vergl. § 80, 3) beseitigt. Niemandem war fortan der Weg
zu staatlichen und militärischen Ehrenstellen versperrt. Jedem Ein-
wohner des Staates wurde es freigestellt, Rittergüter zu erwerben und
jedes ihm zusagende Gewerbe zu betreiben; denn Freiheit sollte auch
tu wirtschaftlichen Dingen vorwalten. Die Zünfte, die ihren nrsprüng-
licheu Zweck, das Handwerk zn heben, längst nicht mehr erfüllten, durften
zwar fortbestehen, aber nur als freie Vereinigungen.
Scharnhorst, der Sohn eines hannöverischen Baueru, unter-
nahm als Kriegsminister die Neubildung des Heerwesens, unterstützt
von Gneisen au. Die allgemeine Wehrpflicht wurde eingeführt.
Wissenschaft und Dichtkunst nahmen eine vaterländische
Haltung an. Die 1810 gegründete Berliner Universität zählte die
bedeutendsten Vertreter der Wissenschaft zu den Ihrigen, n. a. ticn
Theologen Schleiermacher, der durch seine Reden über die Religion
die durch die „Aufklärung" geschwundene Achtung vor dem Christentum
wiederherstellte, und den Philosophen Fichte, der in seinen ,,Reden an
die deutsche Nation" eine nationale sittliche Erziehung als erste Be¬
dingung für die künftige Hebung des Staates forderte. Die Dichter
sangen in dem von Schiller im Tell angeschlagenen Tone weiter.
Lebten auch die Romantiker noch mehr in dem bis dahin unbekannten
Mittelalter als in der trüben Gegenwart, so wirkten andere, wie Arndt
und Rückert, unmittelbar auf das Leben der Zeit ein.
Im ganzen Volke wehte ein Geist der Auflehnung gegen die
Herrschaft der Fremden, die durch Erpressungen und übermütiges Aus-
treten das Ihrige dazu beitrugen, diese Stimmung zu nähren. Man
Übte nach dem Beispiele der königlichen Familie Entsagung und Spar-
samkeit, um dem Staate alle Kräfte zu erhalten. Geheime Verbindungen
verbreiteten vaterländische Gesinnung (der Tugendbund). Der urwüchsige
„Turnvater" Jahn legte in Berlin die ersten Turnplätze au, um die
männliche Jugend für den Waffendienst vorzubereiten.
6. Mißlungene Erhebungen gegen Napoleon. Auch in Öster¬
reich war man nicht müßig; in der Verwaltung wie im Heerwesen
wurden wohltätige Neuerungen eingeführt und Vorbereitungen für den
Krieg getroffen.
1807 hatte Napoleon Portugal, welches sich der Festlandsperre
nicht fügen wollte, besetzen lassen (die königliche Familie war nach
Brasilien entflohen), 1808 den König von Spanien zur Abdankung
bewogen und feinen eigenen Bruder Joseph zum König dieses Landes
gemacht. Aber die französischen Heere wurden in Spanien, wo ge-