§ 84. 85. Die Herrschaft der Hundert Tage. — Der zweite Pariser Friede.
149
bei Quatrebas an, wo der Herzog Friedrich Wilhelm von Brannschweig
fiel. Den Rückzng der preußischen Truppen leitete Gneisenau so, daß es
möglich war, schon zwei Tage später in den Entscheidungskampf von
Belle-Alliance und Waterloo einzugreifen. Einen Tagemarsch südlich
von Brüssel nahm Wellington auf mehreren Hügeln eine zur Vertei-
digung vorzüglich geeignete Stellung. Napoleon hatte die Verfolgung der
Preußen einer besondern Abteilung übertragen und die übrigen Truppen
Wellington gegenüber vereinigt. Erst am Mittage des 18. Juni gab er
den Befehl zum Beginn der Schlacht. Trotzdem die Franzofen die größte
Tapferkeit entwickelten, scheiterten ihre Angriffe an der festen Stellung
der Engländer. Am Nachmittage trafen die ersten Heeressäulen der
Preußen, die von Wawre heranmarschierten, auf dem Schlachtfelde ein
und eroberten nach erbittertem Kampfe das Dorf Plancenoit. Als am
Abend der letzte Angriff der französischen Garden durch Wellingtons
Rotröcke zurückgeworfen worden war, war die Schlacht verloren. Da
sich die Preußen auf die Rückzugsstraße der Franzosen warfen, wurde die
verlorene Schlacht zu einer vernichtenden Niederlage. Um den fliehenden
Feind nicht zur Ruhe kommen zu lassen, setzte ihm Gneisenau mit preußi-
scheu Truppen die ganze Nacht hindurch nach, so daß er am Morgen zwei
Meilen vom Schlachtfelde entfernt stand, freilich nur noch von wenigen
Mannschaften umgeben. Ihnen fiel der Staatswagen Napoleons und
ein Schatz an Gold und Diamanten im Sitzkasten in die Hände.
Die nachdrücklich fortgefetzte Verfolgung machte jede Sammlung der
feindlichen Truppen unmöglich; schon vierzehn Tage später stand Blücher
vor Paris.
In seinen Hoffnungen vollständig gescheitert, dankte Napoleon zugun-
sten seines Sohnes ab. Flüchtend kam er zum Hafen von Rochefort und be¬
gab sich an Bord der englischen Flotte. Er wurde als Gefangener behandelt
und nach der Insel St. Helena geführt, wo er am 5. Mai 1821 starb.
§ 85. Der zweite Pariser Friede. Nach der Einnahme von Paris
kehrte Ludwig XVIII. auf den französischen Thron zurück. In dem
zweiten Pariser Frieden mußte sich Frankreich eine Reihe, wenn
auch nur kleiner, Gebietsabtretungen gefallen lassen; besonders fielen
Saarlouis und Saarbrücken an Preußen (vgl. § 83). Elfaß und
Lothringen dagegen wurden auf den Einspruch Rußlands hin nicht wieder
zurückgegeben. Frankreich mußte eine Kriegsentschädigung zahlen, die
zum Bau von Festungen an der deutschen Westgrenze verwendet werden
sollte, und die geraubten Kunstschätze zurückgeben. Ein Heer von
150000 Mann der Verbündeten blieb noch drei Jahre in den nordöst¬
lichen Provinzen zurück.
Mit dem zweiten Pariser Frieden schließt die ungeheuer bewegte Zeit,
die mit dem Jahre 1789 begonnen hatte und sowohl die äußere Gestalt
als besonders die inneren Verhältnisse fast aller Staaten Europas von
Grund aus veränderte. Mit ihm beginnt eine neue Zeit.