Full text: Der schwarze Herzog (7)

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trat zu ihm und sagte: „Herr Wirt, ist es möglich, bei 
Euch zu übernachten? Ich kann heute meinen Weg nicht 
weiter fortsetzen; ich bin ermüdet und bedarf der Ruhe". 
„3a, Ihr könnt bei mir bleiben", stotterte ©täffe; „kommt 
mit mir, ich will Euch gleich in Euer Zimmer führen". 
Und er ergriff das Bündel des Gastes und führte ihn die 
Treppe hinauf, während Marie allein zurückblieb unb sich 
das wunberbare Benehmen ihres Pflegevaters nicht zu 
erklären wußte. Als aber Stösse allein mit bem Fremben 
im Zimmer war, trat er zu ihm, ergriff feine Hanb 
unb bebeckte sie mit Thränen unb Küssen. „Durch¬ 
laucht" , sagte er, „Sie finb es, Sie haben es gewagt, in 
die Höhle des Löwen zu gehen? O gesegnet sei der Tag, 
der Sie zu uns führte. Aber ach Gott, wie Sie mich 
erschreckt haben! Wie, wenn außer mir jemand Sie er¬ 
kannt hätte? Ich zittere bei dem Gedanken an diese 
Möglichkeit. Habe ich Sie doch auf den ersten Blick er¬ 
kannt, trotz Ihrer Verkleidung". Der Fremde, der kein 
anderer war als Herzog Friedrich Wilhelm, lächelte. 
„Stäffe", sagte er, „das Auge der Liebe sieht scharf, das 
merke ich an Ihm. Aber ich bin jetzt nicht Sein Herzog, 
sondern ich bin der Handschuhmacher Wenzel ans Bamberg; 
so steht es in meinem Wanterbuch, und darnach richte Er 
Sich. Und nun setze Er Sich; ich muß Ihm etwas sagen". 
„O Durchlaucht!" stotterte der Alte; aber der Herzog fuhr 
fort: „Ich denke, Stäfse, Er ist ein treuer Unterthan; ge¬ 
horche Er mir deshalb und nehme Er Platz, und verspreche 
Er Sich nicht wieder. Also Wenzel heiße ich, Joseph 
Wenzel; verstanden?" „Jawohl, Herr — Herr — 
Durchlaucht", kam es stockend aus dem Munde des biedern 
Roßwirtes; als aber Friedrich Wilhelm ihn strafend an¬ 
blickte, sagte er: „Ach, Durchlaucht, lassen Sie mich, wenn 
wir allein sind, Sie nur bei Ihrem rechten Namen nennen; 
ich verspreche Ihnen, mich in acht zu nehnen, wenn andere 
zugegen sind. Fürchten Ew. Durchlaucht nicht, daß der 
alte Stäffe an Ihnen zum Verräter wird durch seine Un¬ 
bedachtsamkeit". „Nun, so mag es sein", erwiderte der 
Herzog nach einigem Besinnen; „und nun, Stäffe, beant-
	        
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