b) Die Stände. 1. Im Aufsteigen befinden sich die Städte,
unter dem Gefühle wachsenden Druckes stehen der Adel und
die Bauern.
Die Blüte der Städte beruhte auf der geordneten Ver-
waltung ihrer „Geschlechter" durch einen jährlich wechselnden
Rat, an welchem die Zünfte der Handwerker nur geringen Anteil
hatten, und auf der EntWickelung von Handel und Gewerbe.
Der Handel Norddeutschlands und der nordischen Länder concen-
trierte sich noch immer in den Städten der Hansa, namentlich
Lübeck und Danzig, wenngleich die politische Bedeutung des
Bundes gesunken war der Süddeutschlands, der namentlich nach
Venedig sich richtete (das „Deutsche Haus"), besonders in Nürn¬
berg und Augsburg, das durch die Fugger und Welser Anteil
auch an dem portugiesisch-indischen Handel gewann. Der Betrieb
des Handels hielt im ganzen an der mittelalterlichen Weise
noch fest, wurde jedoch schon gefördert durch große Handelsge-
sellschaften, die Anfänge der Banken und Posten (das Post-
regal des Hauses Thurn und Taxis 1517) und die rasche Ver-
mehrnng des Vorrats an Edelmetallen aus der reichen Ausbeute
der deutschen (tirolischen und sächsischen), ungarischen und ameri-
kanischen Bergwerke. Das Gewerbe, zunftmäßig organisiert
und auch die ganze reiche Kunstthätigke.it in sich schließend, sand
seinen bedeutendsten Mittelpunkt in Nürnberg. — Infolge des
Reichtums stieg der Luxus, mit ihm aber wachte auch der alte
Gegensatz zwischen den Geschlechtern und den Zünften wieder auf.
2. Der mittlere und kleinere Adel (Reichsritterschaft und
Landadel) sank in seiner Geltung durch die veränderte Kriegs-
weise, in seinem Wohlstande durch häufige Erbteilungen, schlechte
Bewirtschaftung der Güter und übertriebenen Luxus. Daher
sein Haß gegen die Fürsten und Städte und die unaufhörlichen
Fehden, in denen Franz von Sickingen, Hans vonSelbitz,
Götz von Berlichingen n. a. m. sich einen gefürchteten Namen
machten.
3. Die Bauern, meist nicht leibeigen, sondern hörig oder
zinspflichtig und oft wohlhäbig, litten doch mehr und mehr unter
dem Bemühen ihrer Herren, ihre Leistungen zu steigern und ihre
Freiheiten, namentlich die „gemeine Mark", d.i. das Nutzungsrecht an
den im Gemeindebesitz verbliebenen Teilen der Dorfflur (Wald.
Wasser, Weide) ihnen zu entziehen, wie unter der Anwendung
des römischen Rechts, während der Landsknechtsdienst ihr Selbst-
gefühl hob. Den wachsenden Groll zeigten erst vereinzelte Be-