231. Einst und jetzt.
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Tagen befördert wird, während früher ein Brief erst nach Wochen an
den Adressaten gelangte und oft bis einen Taler Bestellgebühr kostete.
So schnell und sicher aber auch unsere Posten von weither die Briefe be¬
fördern, der Telegraph bringt doch die Nachricht noch rascher. Und zwar be¬
dient man sich nicht mehr des alten optischen oder Zeigertelegraphen, der
früher, auf einem Turme oder einer Anhöhe angebracht, seine eckigen Arme in
die Luft streckte und Zeichen gab, welche Buchstaben bedeuteten, sondern des
elektrischen Telegraphen. Die Stangen und Drähte desselben sieht man
gegenwärtig überall und seine Kabel, in die Weltozeane versenkt, verbinden alle
Erdteile miteinander. Was heute morgen in London oder in Neuyork sich
ereignet, das weiß man mittags oder abends in Berlin und Wien und am
Abend oder am folgenden Tag steht es bereits in allen Zeitungen; oder
wenn Vater oder Mutter vom Onkel in Australien wichtige Nachrichten er¬
warten, in der allerkürzesten Zeit und für wenig Geld erhalten sie Aus¬
kunft durch ein Telegramm, welches noch dazu ins Haus gebracht wird.
Horch! Was klingelt so stark auf dem Kontor? Es läutet am
Telephon. Unser Geschäft ist nämlich an das Telephonnetz angeschlossen,
das wie die Telegraphendrähte ober- oder unterirdisch nach den ver¬
schiedensten Orten läuft. Soeben spricht unser Vater mit einem Geschäfts-
steund in Berlin über den Stand der dortigen Börse; dann ruft er
einen Geschäftsfreund in Nürnberg an, dem er infolge der Mitteilung
aus Berlin umfangreiche Aufträge erteilt.
In der Photographie, dem schnellen und billigen Briefverkehr, dem
Telegraphen und Telephon habt ihr vier höchst wichtige, die großen
Fortschritte unserer Zeit bezeichnende Dinge kennen gelernt, ohne daß
ihr noch einen Fuß auf die Straße gesetzt habt. Wir wollen nun aber
einmal durch die Straßen der Stadt wandern und uns hier ein wenig
umschauen! Wir benutzen die erhöhten Fußwege neben den Straßen
oder, wie die Franzosen sagen, die Trottoirs um uns bequem und
gemächlich zu ergehen und dem eiligen Auf- und Abfahren der Wagen
auszuweichen. Infolge des Gewühls auf der Fahrstraße und dem Fu߬
steige ist es recht staubig, dazu brennt die Sonne heiß hernieder. Alles
sehnt sich nach Wasser, der Mensch, das Tier, die Pflanze. Früher
war man auf die wenigen Stadtbrunnen beschränkt, die bisweilen sogar
versiegten; im besten Fall gab es eine sogenannte „Wasserkunst", von
der nur wenige Nutzen ziehen konnten — jetzt gewährt uns die
Wasserleitung so viel des köstlichen Nasses, als wir zum Trinken, zum
Begießen der Blumen, zum Waschen, zu allerhand gewerblichen Zwecken
gebrauchen, und dadurch sind unsere Städte reinlicher und gesünder
geworden. Gewiß eine große Wohltat für alle! Wurde es dunkel, so