Full text: Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart (H. 4)

60 
III. Preußen bis zum Tode Friedrich Wilhelms III. 
vollständige Trennung von Staat und Kirche durchführte, suchte er alle 
Parteien zu befriedigen. Die ersten Jahre seiner Regierung sind noch 
angefüllt mit Streitigkeiten gegen Holland, in denen es sich hauptsächlich 
um den Anteil handelte, den Belgien bei der Tilgung der Staatsschuld 
des früher vereinigten Königreichs zahlen sollte. Eine Einigung kam 
erst 1839 zustande, als Belgien eine jährliche Zahlung von 5 Million 
Gulden bis zur Tilgung der Schuld zu übernehmen versprach. 
Unter Leopolds Regierung erreichte das Land eine große Blüte. 
Die Einführung des französischen Münzfußes erleichterte den Handels¬ 
verkehr mit Frankreich. Bergbau, Ackerbau, Industrie, Handel und 
Schiffahrt nahmen einen großen Aufschwung. Das Land erhielt das 
dichteste Eisenbahnnetz von allen Ländern der Erde. Von Vorteil war 
dem Lande der Anschluß an den Deutschen Zollverein. Leopold I. genoß 
auch im Auslande großes Ansehen. 
Die Niederlande. Wilhelm I. regierte seit 1831 in den Nieder¬ 
landen allein in patriarchalischer Weise. Dem Verlangen des Volkes 
nach einer mehr freiheitlichen Verfassung stand er unfreundlich gegenüber. 
Als die Kammer 1840 seine Zivilliste herabsetzte, dankte er ab und zog 
sich nach Berlin zurück, wo er 1843 starb. Sein Sohn Wilhelm II. 
regierte von 1840—1849. 
Italien. In dem Königreich Neapel, auf Sizilien und Sardinien 
hatte eine Volkspartei dem König eine freiheitliche Verfassung abgerungen. 
Der österreichische Staatskanzler Fürst Metternich fürchtete, daß die Be¬ 
wegung auf die österreichischen Besitzungen in Oberitalien, die Lom¬ 
bardei und Venezien, übergreifen würde. Daher stellte ein österreichisches 
Heer die alten Zustände in Unteritalien und den beiden Inseln wieder 
her. Die österreichische Regierung in Oberitalien wurde dadurch nicht 
beliebter. 
Spanien und Portugal. Die freiheitliche Bewegung in Unter¬ 
italien war von Spanien ausgegangen. Dort hatten aufständische 
Truppen dem König eine Verfassung abgetrotzt. Mit Hilfe eines fran¬ 
zösischen Heeres wurden die Aufständischen zur Ruhe gebracht und die 
absolute Monarchie wiederhergestellt. Der König führte statt des be¬ 
stehenden Thronfolgegesetzes das alte kastilische wieder ein. Nach diesem 
war weibliche Thronfolge zulässig. Als nun der König starb und nur 
eine Tochter Jsabella hinterließ, machte sein Bruder Don Carlos 
Ansprüche auf den Thron auf Grund des frühern Gesetzes. Das führte 
zu langwierigen Bürgerkriegen, die unter dem Namen Karlistenkriege 
bekannt sind. ^ 
Auch der reiche Kolonialbesitz in Amerika ging verloren. Da 
die Regierung dort fast nur Spanier als Beamte anstellte und diese 
das Volk zu ihrer eignen Bereicherung bedrückten, erhoben sich allenthalben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.