Full text: Lehrbuch der Geschichte des Altertums für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen

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die über sechzig Jahre alt sein mußten, und Gerusia, d. H. Rat 
der Alten, hieß. Dieser Staatsrat leitete das ganze Staatswesen 
und hatte über alle Verbrechen zu urteilen, auf denen die Todes¬ 
strafe stand. 
b) Wenn über wichtige Sachen, wie z. B. über Krieg und 
Frieden, über Verträge und Gesetze beraten werden sollte oder Be¬ 
amte gewählt werden mußten, so trat die Volksversammlung 
zusammen; sie wurde zur Zeit des Vollmondes einberufen, alle 
Spartiaten, die älter als dreißig Jahre waren, konnten teilnehmen 
und ihre Zustimmung zu den vorgeschlagenen Gesetzen durch ja 
oder nein geben. Eine besondere Stellung nahmen die Ephoren, 
d. H. Aufseher, ein, deren jedes Jahr fünf neue gewählt wurden. 
Zuerst hatten sie nur den Marktverkehr zu beaufsichtigen, später 
übten sie die Aufsicht auch in den Häusern, sogar in den Häusern 
der Könige aus, um die hergebrachte Sitte und Zucht aufrecht 
zu erhalten und jeden Verstoß dagegen zur Anzeige zu bringen. 
Im Laufe der Zeit wurden sie immer mächtiger und vermochten 
selbst die Könige vor Gericht zu ziehen. 
Die Sage schreibt die spartanischen Staatseinrichtungen dem 
Lykurg zu, der im Jahrhundert gelebt haben soll; wahrschein¬ 
lich haben sie sich erst nach längeren Kämpfen ausgebildet. 
4. Lebensweise der Spartaner, a) Erziehung. Die Er¬ 
ziehung verfolgte das einzige Ziel, dem Staate tüchtige Krieger 
heranzubilden. Die Kinder, die bei ihrer Geburt ein körperliches 
Gebrechen hatten, wurden gar nicht als Spartiaten angesehen, 
sondern den Heloten oder Umwohnern übergeben. Die gesunden 
wurden der Mutter gelassen. Aber die Knaben verließen bereits 
mit dem siebenten Jahre für immer das Haus ihrer Eltern. 
Sie gehörten von jetzt an ganz dem Staate. In Rotten ein¬ 
geteilt und unter Aufsicht junger Männer nahmen sie gemeinsam 
ihre Mahlzeiten ein, hatten sie gemeinsam ihre Schlafstätten auf 
dem Schilfe, das sie sich am Ufer des Eurotas schnitten, hielten 
sie gemeinsam ihre Übungen ab. Diese bestanden im Schwimmen, 
Laufen, Springen, Ringen, Speerwerfen und in der Pflege der 
Musik. Um sich an Bescheidenheit und Schlagfertigkeit im Ant 
worten zu gewöhnen, durften sie wohl bei den Mahlzeiten der 
Männer zugegen sein und aus deren Fragen kurze Antworten geben. 
Die Mädchen wurden ebenfalls durch Lausen und Werfen 
abgehärtet und durch Reigen, wobei sie sangen, zu anmutiger 
Haltung gewöhnt. Die Spartanerin dachte und empfand wie 
die Männer; sie war stolz, wenn einer der Ihrigen den Tod in 
der Schlacht fand. 
b) Das Leben der Männer. Die Männer widmeten sich 
ausschließlich kriegerischen Übungen und der Jagd; die Bestellung 
ihrer Landgüter verblieb den Heloten. Nur die Nacht verbrachten
	        
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