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Die Blütezeit der Poesie fiel ganz in die Regierungszeit des Augustus.
Loräz^ichtete schwungvolle Oden, die heitere Lebensfreude atmen, und Episteln
und Satiren, welche ein treues Sittengemälde jener Zeiten entwerfen; Vergil
verfaßte ein groß angelegtes Heldengedicht „Äneis", welches nach dem Vor¬
bilde der homerischen Ilias und Odyssee die Schicksale des Aneas besingt; von
Ovid besitzen wir elegante Lieder verschiedenster Art und anmutige Erzäh¬
ln« genaus der griechischen Sagenwelt („Metamorphosen").
5. Die Fülle der Zeiten. In die Regierungszeit des ersten römischen
Kaisers fällt das wichtigste Ereignis der Weltgeschichte, die Geburt Jesu
Christi. \
6. Ausgang des Augustus. In vielfacher Hinsicht war dte lange
Regierung des Augustus segensreich und beglückend. Dem Kaiser selbst aber
blieb schweres Leid in seiner eigenen Familie nicht erspart. Am härtesten
traf ihn der Tod seiner beiden hoffnungsvollen Enkel, seiner einzigen männ¬
lichen Nachkommen, die in der Blüte der Jugend schnell nach einander ins
Grab sanken. Des Kaisers dritte Gemahlin, die ränkevolle und herrschsüchtige
Livia, soll sie durch Gift aus dem Wege geräumt haben. Sie setzte es
auch durch, daß der alternde Augustus ihren Sohn Tiberins adoptierte
und zu seinem Nachfolger ernannte.
Augustus starb i. I. 14 n. Chr. Es bleibt sein Verdienst, daß er
44 Jahre lang mit Kraft und Weisheit den Staat geleitet und eine Zeit
der inneren Ordnung und Sicherheit und des äußeren Friedens herbei¬
geführt hat, wie sie Rom weder vorher noch nachher jemals zuteil ge¬
worden ist.
§ 40. Die folgenden Kaiser ans dem Kaufe des Augustus (14-68).
7 1. Tiberius. Der erste Nachfolger des Augustus, sein Stiefsohn
Tiberins, nahm dem Volke den letzten Rest der Freiheit; im übrigen
regierte er anfangs trefflich. Doch schon nach wenigen Jahren trat ein
völliger Umschwung in seinem Charakter ein. Der ehrgeizige und verworfene
Sejänus nämlich, der Befehlshaber der Prätorianer (d. i. der kaiser¬
lichen Leibwache), wußte sich in das Vertrauen des Kaisers einzuschleichen
und erfüllte ihn mit Argwohn gegen feine eigenen ^Verwandten. Dieselben
wurden fast alle durch Mord beseitigt, unter ihnen auch der edle Ger¬
maniens, der Neffe des Kaisers, welcher gegen die Germanen ruhmreich
gekämpft hatte. Auf den Rat seines Günstlings zog sich Tiberius auf die
einsame Insel Caprsä (j. Capri) bei Neapel zurück, um vor Verschwörungen
sicher zu sein. Als er aber entdeckte, daß Sejanus selbst ihm nach dem
Leben strebte, ließ er in blinder Wut nicht bloß den Verräter und feine
Mitschuldigen, sondern auch zahllose Unschuldige hinrichten. Zuletzt verfiel