— 94 —
IX. ]Warhi9 und Sulla*
1. Der Jugurtbunfcbc Krieg (111 — 106).
In Numidien herrschte die Familie des Masinissa (f. 0. VI, 3, 4),
mit Rom, das die Oberherrschaft ausübte, aufs innigste verbündet.
Einer der Teilkönige, Jugürtha, strebte nach der Alleinherr¬
schaft und suchte sie durch Mord seiner königlichen Vettern zu er¬
reichen. Da er mit den vornehmsten Römern befreundet war
und seine großen Reichtümer freigebig zu Bestechungen verwandte,
rechnete er auf die Nachsicht und Gunst der römischen Regierung.
Als er jedoch im Vertrauen auf diesen Schutz viele Italiker und
sogar römische Bürger, die seine Vettern unterstützt hatten, um¬
bringen ließ, wurde die römische Bürgerschaft so erregt, daß der
Senat ihm den Krieg erklären mußte (111). Noch einmal aber
setzte es Jugurtha mit Bestechungen durch, daß römische Gesandte
ihn im Alleinbesitze Numidiens bestätigten, und furchtlos kam er
sogar nach Rom, um sich dort durch lügenhafte Darstellung des
Geschehenen vor dem Senat zu rechtfertigen. Ja er trieb die Frech¬
heit so weit, in Rom selbst den letzten Prinzen aus dem numidischen
Königshause, der ihm als Anwärter auf den Thron gefährlich
werden konnte, ermorden zu lassen. Nun endlich ward er aus
Italien verwiesen. Wie wenig er sich daraus machte, zeigte der
Ausspruch, mit dem er von Rom Abschied nahm: „O du käufliche
Stadt, gar bald wirst du zugrunde gehn, wenn sich erst der rechte
Käufer findet." Und in der Tat vermochte er vier Jahre lang
nicht nur den römischen Heeren zu widerstehen, sondern ihnen
schwere Verluste und schimpfliche Niederlagen beizubringen. Die
adeligen Konsuln und Feldherren waren meist unfähige und un¬
würdige Leute, die der List und dem Golde Jugurthas nicht wider¬
stehen konnten. In seinem Übermute ließ er sogar ein römisches
Heer, das vor ihm die Waffen strecken mußte, in schimpflicher Weise
durch das Joch gehen. Diese Vorgänge benutzte die römische Volks¬
partei, um die Bürgerschaft gegen die Mißwirtschaft des Adels
aufzuregen. Man verlangte einen Konsul und Feldherrn, der,
aus dem Volke hervorgegangen, in redlicher und tatkräftiger
Weise seine Pflicht tue. Einen solchen Mann fand man in Gajus
Marius. .
Dieser war ein Bauernsohn aus Slrpinum im Volsker¬
lande. Als junger Mensch hatte er sich den Heeresdienst als Lebens¬
aufgabe erwählt und sich durch Tapferkeit und tüchtige soldatische
Eigenschaften so hervorgetan, daß er allmählich vom gemeinen