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Germaniens stand in der Blüthe der Jahre; er war eine der letzten
Heldengestalten des sinkenden Roms. Alle körperlichen und geistigen
Vorzüge in sich vereinend, stand er als leuchtendes Borbild aus der
Höhe seiner Zeit. Man ehrte in ihm den Sohn des edlen Drusus,
den Gentahl der Enkelin Augustus'. die ihm einen Kreis blühender
Kinder geschenkt, den Abkömmling des Antonius; das Heer vergötterte
ihn. Wie hätte Neid und Argwohn dieses glanzvolle Leben nicht ver¬
folgen sollen?
Uneinigkeit im Innern Deutschlands hemmte sein ferneres Wirken
für die Unabhängigkeit des Vaterlandes. Arminins wandte sich gegen
Marbod, um diesen für seine Unthätigkeit an dem Besreiungswerke zu
bestrafen. Solche Verwirrung benützten die Römer von Süden her, um
andere deutsche Völkerschaften gegen ihn zu reizen. Marbod, welcher,
von allen Seiten bedrängt, sich unter den Schutz Roms stellte, endete
sein Leben in trauriger Abhängigkeit zu Ravenna. Hermann aber starb
den Heldentod im 37sten Jahre seines Alters; „der Held, welchem
Deutschland verdankt, allein unter allen Ländern, auf deren Eroberung
die römische Macht ausging, unerobert zu sein; der, obgleich sein An¬
denken nur ausländische Schriftsteller unvollkommen auf uns gebracht
haben, als einer der Größten aller Zeiten glänzt in der Geschichte; der,
ein Jüngling, an der Spitze unbotmäßiger Völkerschaften, ihren Ungestüm
zu dem weisesten Anschlage zu lenken gewußt, und mit derselben rohen
Kraft erst eine tiefe Wunde der Weltherrschaft geschlagen, sodann ihrer
gesammelten unablässig Trotz geboten, nachher im Osten eine undeutsche
Macht gebrochen, und, ungebeugt durch der Gattin und des Sohnes
Verlust, allein dem Vaterlande hold, ausgeharrt bis an sein Ende. Und
dies ist eine Herrlichkeit des deutschen Volkes vor aller andern im An¬
beginne unserer Geschichte."
Nicht mit Unrecht hatte der finstere Tiberius bei der Zurückberusung
des Germaniens die unheilschweren Worte gesprochen: man könne die
Cherusker und die andern empörten Völker jetzt füglich ihrer eigenen
Zwietracht überlassen.
II. Die römischen Kaiser.
1. Augustus Octaviauus und sein Haus.
Als Brutus nach der unglücklichen Schlacht bei Philippi mit seinen
Freunden in einer Bergschlucht auf der Flucht ausruhte und den Blick
zu dem mit Sternen bedeckten Himmel richtete, rief er aus:
„Zeus, nicht entflieh' dir dieses Unheils Schuldner!"