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Thron zu heben. Monk's Edelmuth und Vaterlandsliebe begeisterte das
ganze Parlament. Von dem Sohne Karl's I., Karl II., waren Ab¬
geordnete in London erschienen, mit Jubel wurden sie empfangen, und
nachdem sie in ihres Herrn Namen völlige Verzeihung Allen, die an
seines Vaters Hinrichtung nicht unmittelbar Schuld waren, und Be
obachtung der englischen Freiheiten versprochen hatten, wurde Karl II-
einstimmig zum Könige ausgerufen.
Am 29. Mai 1660, seinem 30. Geburtstage, hielt der König seinen
Einzug in London. Die Glieder des Parlamentes, die Geistlichen, der
ganze Magistrat, viele hundert in Purpur und schwarzen Sammet ge¬
kleidete, mit Ketten um den Hals geschmückte Bürger empfingen und
mehr als 20,000 Reiter und Fußgänger begleiteten ihn. Ueberall waren
die Straßen mit Blumen bestreut, die Häuser mit Tapeten und Kostbar¬
keiten aller Art geziert, die Fenster und Balköne mit reich gekleideten
Damen besetzt, Glockengeläute, Musik, Beifallsgeschrei über jedes glaub¬
liche Maß. Und die Geschmückten und Jauchzenden, die in dem Gefühl
einer schrankenlosen Freude allen kleinlichen Parteizwist zu vergessen
schienen, waren dieselben, die einst schweigend das Blutgerüst des un¬
glücklichen Karl Stuart umstanden, und die nicht minder Cromwell zu¬
gejauchzt hatten, als er mit seiner heiligen Schaar seinen Einzug in
London hielt. ,.Wo sind denn meine Feinde?" rief Karl II. erstaunt,
die jubelnde Menge überblickend.
Die alte Verfassung wurde hergestellt oder restaurirt, daher der
Regierungswechsel, der in England einen Stuart wieder auf den Thron
brachte, in der Geschichte die englische Restauration heißt.
So zerrissen, so von Grund aus unterwühlt, waren die Verhält¬
nisse des englischen Reiches nach Innen und Außen, daß es ohne
Zweifel die Aufgabe des neuen Regenten war, an der Stelle des nieder¬
gerissenen Gebäudes ein völlig ftisches auf neuem festen Fundamente
aufzuführen. — Wie wichtig mußte unter solchen Umständen die Person
des Königs und die Wahl seiner höchsten Staatsbeamten sein!
Wohl konnte kaum Jemand persönlich liebenswürdiger, umgänglicher
sein, als Karl II., obgleich ihn, wie ein bedeutender Geschichtschreiber
sagt, „ächtes Gefühl und tiefe Theilnahme nie bestimmte." Alle klei¬
neren Dinge ergriff der König mit großer Leichtigkeit, für wichtige Fragen
fehlte ihm Ausdauer und Aufmerksamkeit. Seine Liebesabenteuer waren
ihm von ungleich höherem Werthe, als die Wohlfahrt Englands. Er
wünschte sich unbeschränkte Macht, nicht aus Ehrgeiz, sondern um seinen
Genüssen in voller Ungestörtheit nachhängen zu können. Zu den Zeiten,
wo äußere und innere Sorgen jeden Freund des Vaterlandes drückten,
blieb Karl unbekümmert, als gehe ihn das Alles gar nichts an. Sein
Denken, Handeln und Fühlen stand stets im Widerspruch mit dem seines
Volkes, und ehe er sich mit diesem verständigte, verkaufte er sich lieber
an Ludwig XIV. von Frankreich.