Der nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg.
138
dulden wollte, erklärte die englische Regierung zuerst den Krieg und ließ
zahlreiche holländische Handelsschiffe wegnehmen. Man schlug sich seitdem
in allen Meeren; die Kolonieen in Amerika, Asien und Afrika wurden
beiderseits angegriffen und der Krieg mit wechselndem Glücke geführt,
obwohl die Engländer unter Rodney zuletzt im Seekriege die Oberhand
gewannen. Der beste englische General. Lord Cornwallis, der in
den südlichen Staaten kommandierte, in welchen die königliche Regierung
die meisten Anhänger hatte, erfocht über Washington und Lafayette wich-
tige Vorteile; als er aber nordwärts vorrückte, um sich mit dem Corps
unter General Clinton in Verbindung zu setzen, wurde er von den Nord-
amerikanern und einem französischen Hilfscorps in 2)orftoran ein¬
geschlossen und am 19. Oktober 1781 zur Ergebung genötigt. Seitdem
begann die englische Regierung Unterhandlungen mit den Nordamerikanern
und führte den Krieg gegen sie ohne Ernst, aber mit um so größerer
Erbitterung gegen Frankreich, Spanien und Holland.
Franklin trug nicht das geringste Bedenken, mit England im No-
vember 1782 die sogenannten Provifionalartikel (Präliminar-
frieden) abzuschließen, obwohl in dem Bündnißvertrage mit Frankreich
ausdrücklich bedungen war, daß Frankreich und Nordamerika nur ge-
meinschaftlich mit England Frieden schließen dürften; die allgemeine Er-
schöp^nng führte jedoch schon am 20. Januar 1783 zum Friedens¬
schlüsse in Versailles. In demselben gab England an Frankreich
die westindischen Inseln Tabago und St. Lucia, in Afrika die Kolonieen
am Senegal, in Ostindien Pondichery zurück, an Spanien Florida und
die Insel Minorca, dagegen mußte Holland Negapatnam in Ostindien
abtreten und schied seitdem aus der Reihe der großen Seemächte.
Die Unabhängigkeit der nordamerikanischen Republik oder Union
(„Vereinigte Staaten voll Nordamerika") wurde von England und allen
andern Mächten anerkannt. Nach dem Kriege entstand aber ein heftiger
Parteikampf, indem eine Partei den einzelnen Staaten eine souveräne
Stellung einräumen und darum der Centralgewalt nur sehr beschränkte
Befugnisse zugestehen wollte, die andere aber eine engere verfafsungs-
mäßige Verbindung der einzelnen Staaten verlangte. Washington war
der Vermittler zwischen beiden Parteien und verhinderte Unruhen, bis
endlich am 17. September 1787 die definitive Bundesverfassung
zustande kam. Washington wurde als erster Präsident gewählt
und ihm zu Ehren die 1792 gegründete Bundesstadt Washington ge-
nannt. Er starb am 14. Dezember 1799 auf seinem Gute Mount
Vernon in Virginia.