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Die Ereignisse von 1870 bis 1883.
dieselben in der Nacht vom 17./18. März abzuführen. Die alarmierten
Vorstädter vereitelten aber den Versuch, die Soldaten fraternisierten mit
ihnen und gaben alles preis. Nachmittags zog das (Zentralkomitee in das
Stadthaus ein. abends wurden die gefangenen Generale Leconte und
Thomas in einem Garten erschossen; am 19. wehte die rote Fahne auf
allen öffentlichen Gebäuden und ordnete das (Zentralkomitee die Wahlen
in die Kommune an. Sie dekretierte den Nationalgardisten freie Wohnung,
die Einreihung der männlichen Einwohner von 19—40 Jahren in die
Nationalgarde, ließ die Thore schließen und die Häuser nach Refractaires
durchsuchen. Zugleich wurden Emissäre nach Lyon, St. Etienne, Marseille,
Toulouse und Rouen geschickt, um auch dort die Kommune zu proklamieren,
was jedoch von den Kommandanten der Garnisonen verhindert wurde.
Die Proklamation vom 19. April 1871 verkündete die Verwandlung
der ehemals einheitlichen und unteilbaren Republik in eine föderative, aus
Städterepubliken (Kommunen) bestehende, und „daß es zu Ende sei mit
der alten gouvernementalen und klerikalen Zeit, mit dem Militarismus,
der Bureaukratie, der Agiotage, den Monopolen, den Privilegien, welche
die Knechtschaft des Proletariats verschuldet haben". Die gemeinsame
Regierung Frankreichs werde eine Delegation der freien Gemeinden sein,
nämlich der Stadtgeineinden, denn von den Landgemeinden nimmt das
Programm keine Notiz, obwohl die Bauern die Mehrheit des französischen
Volkes ausmachen. Der Versuch, die Regierung in Versailles zu über-
fallen und aufzuheben, mißlang; Thiers dirigierte alle verfügbaren Truppen
gegen Paris, übertrug den Oberbefehl dem Marschall Mac Mahon, der
in mörderischen Gefechten bis zum 17. Mai die vorliegenden Ortschaften
und Forts auf dem linken Seine-Ufer eroberte, während die Herren von
der Kommune die öffentlichen Kassen leerten, von der Bank und den
Eisenbahngesellschaften Millionen erpreßten, Kirchen plünderten und fchän-
deten, den Erzbischof Darboy und viele Priester verhafteten, die Häuser
von Verrätern (die von Thiers und I. Favre) plünderten und zer-
störten, und es um so wüster und toller trieben, je näher ihnen die
„Versailler", die Regierungstruppen, auf den Leib rückten. In den letzten
Tagen ihrer Herrschaft, am 16. Mai. wurde das Siegesdenkmal Napo-
leons I., die Vendüme-Säule, umgestürzt und zertrümmert. Am gleichen
Tage wurden aber die Forts Vanvres und Montrouge geräumt, und der
neue Oberbefehlshaber, der Pole Dombrowski, mußte sich auf die Ver-
teidiguug der innern Stadt beschränken. In der Nacht vom 21./22. Mai
drang das Corps des Generals Douay bei einer unbewachten Stelle durch
das Thor St. Cloud ein, und begann der Verzweiflungskampf der Kommu-
narden hinter den Barrikaden, als auch die Divisionen Cissey, Vinoy,
Ladmirault und Clinchart anstürmten.