II. Die Krieche»
Das Land der Griechen.
Wie Europa mit seiner Breitseite sich an das Steppenland von Asien
anlehnt , so schließt sich an die ausgedehnte, einförmige Landesmasse, die den
Osten Europas einnimmt, südlich vom Donaustrome, dem alten Jster, die
gebirgige Halbinsel, welche von der in westöstlicher Richtung sich hinziehenden
Bergkette des Balkan oder Hämos den Namen trägt, auf breiter Basis an.
Wie das Ganze, so bildet das Glied ein Dreieck; wie der Erdteil selbst, so
weist die Halbinsel eine reiche Küstenentwicklung auf (1: S1/*). Keiner der
andern Erdteile ist wie Europa durch Gebirgszüge, Flußthäler und Meere
in so natürlich gesonderte Landschaften, Halbinseln und Inseln zerlegt und
darum wie dieser in gleicher Weise von Natur zu mannigfaltiger und selb-
ständiger Entwicklung der Völker in Kultur und Staatswesen geeignet:
Griechenland, der südliche Teil der Balkanhalbinsel, ist ein Europa im kleinen.
Von dem Hämos zieht nach Süden eine Reihe von Gebirgszweigen an
das Ägäische Meer, welches den Hebros (Maritza), Nestos (Mesta), Strymon
(Struma) und Axios (Vardar) aufnimmt, in tiefen Meerbusen in das Land ein¬
schneidet und mehrere Halbinseln bildet. Das vom Hebros durchströmte Kesselland
im Osten, mit fruchtbaren Ebenen und Thülern, ist Thrakien. Die schmale
Landzunge im Südosten heißt Thrakischer Chersones. Das Rhodope-Gebirge
(Despoto-Dagh) scheidet Thrakien von Makedonien mit fruchtbaren Thälern
am Strymon und Axios. Zwischen den Mündungen beider Flüsse ragt die
dreisingerige Halbinsel Chalkidike hervor, deren östlicher Zacken in den Berg
Athos (ca. 2000 m), jetzt Hagion Oros (d. i. Heiliger Berg) genannt, aus¬
läuft. Den Hintergrund des Strymonischen Busens (von Orsano) nimmt der
goldreiche Pangäon (Pirnari) ein. Im Winkel des Thermäischen Busens
liegt heute das wichtige Saloniki, das Thessalonich des hl. Paulus. Das
rauhe Hochland im Westen Makedoniens bis an die Küsten des Adriatischen
Meeres war Jllyrien.
Das Land südlich von diesen drei genannten Gebieten, etwa vom 40.
bis 861/2° n. Br. reichend, als Griechenland im weitern Sinne bezeichnet,
nicht durch natürliche Grenzen von jenen geschieden, zerfällt in vier Hauptteile: