Full text: Grundriß der Weltgeschichte für höhere Lehranstalten

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§ H6. 
Friedrich der Große und Kaiser Joseph II. 
1. Um nach dem siebenjährigen Kriege Preußens Ansehen 
und Macht zu behaupten und den Frieden zu erhalten, vermehrte 
Friedrich seine musterhaft geordnete Armee auf 160,000, später 
200,000 Mann. Dem erschöpften Lande half er auf durch Ab- 
gabenerlaß, durch Hebung des Landbaues (280 neue Dörfer, 
Heranziehung fremder Kolonisten), durch Beförderung des Berg- 
und Hüttenwesens, durch Unterstützung des Handels und des 
Fabrikfleißes. Die Rechtspflege wurde verbessert, ein neues Gesetz- 
buch vorbereitet. In unermüdlicher, alles umfassender Thätigkeit 
bewährte er sein Wort, daß der König der „erste Diener des 
Staates" sei. Seine Erholung suchte er in der Musik (Flöten- 
spiel) und Poesie, im Briefwechsel und im Umgange mit Gelehrten, 
die er auf seinem Lustschlosse Sanssouci um sich versammelte. Er 
selbst schrieb mehrere Werke, besonders über seine Regieruugs- und 
Kriegsthaten, sämtlich in sranzösischer Sprache, da er die deutsche 
Sprache und Bildung geringschätzte. Und doch glänzten schon 
Klopstock und Lessing, auch Göthe fing an berühmt zu werden, <- 
und die Dichter Kleist, Ramler, Gleim u. a. ermüdeten nicht, des 
großen Königs Ruhm zu besingen. Auch die christlichen Glaubens- 
Wahrheiten blieben, namentlich infolge mangelhafter Erziehung, 
Friedrichs Sinne um so fremder, jemehr er der neuen „Aufklärung" 
zngethan war, die besonders durch französische Schriftsteller ver- 
breitet wurde. Gleichwohl ein durchaus deutscher Mann, ein 
sittlich ernster Fürst, einfach, sparsam, ganz seinem Volke lebend, 
hat er durch seine Regentengröße selbst seinem Gegner Kaunitz das 
Zeugnis abgenötigt, daß er, „wie kaum ein zweiter in der Geschichte 
den Thron und das Diadem geadelt" habe. Er starb, von Europa 
bewundert, am 17. August 1786, nachdem er seinen Staat in der 
ersten Teilung Polens (§ 118, 2) weiter vergrößert hatte, 
so daß derselbe fast 3600 Quadrat-Meilen mit 6 Millionen Ein¬ 
wohnern umfaßte. Ihm folgte sein Neffe Friedrich Wilhelm II. 
<§ 128, 1). 
2. Nach dem Tode des Kaisers Franz I. wurde dessen Sohn 
Joseph II. (1765—1790) deutscher Kaiser. Bis zum Tode seiner
	        
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