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sie unbeweglich waren, zwanzig nicht verrichten könnten. 
Nebst unzähligen Diensten, die sie uns als eine sichere Wa¬ 
che leisten, gewahren sie uns durch den Anblick der licht- 
hellen, farbenreichen Schöpfung, durch Bemerkung des 
Ebenmaaßes und der Ordnung, und durch das Anschau¬ 
en der Kunstwerke unendliche Freuden und Vergnügungen. 
Vieles können wir jedoch mit eigenen Augen nicht 
sehen, sondern nur von Andern hören. Dazu gab unS 
Gott durch die Ohren einen eigenen Sinn. DerBaudeS 
Ohres ist so künstlich und vortrefflich, daß der herrlichste 
Bau eines Werkes von Menschenhänden damit in keine 
Vergleichung kommt. Das äußere Ohr, das wie eine Mu¬ 
schel gestaltet ist, ist nicht so steif, wie ein Knochen, da¬ 
mit dadurch das Liegen rc. nicht beschwerlich und schmerz¬ 
haft werde; aber auch nicht so weich, wie Fleisch, da¬ 
mit es nicht unförmlich herunterhänge und den Schall ver¬ 
schlage. Es besteht aus Knorpeln, mit Hauten bedeckt, 
und hat Höhlungen und Vertiefungen, von welchen die 
anschlagende Luft zurückprellet, sich sammelt, und in's 
innere Ohr dringt, wo sie in krummen Gängen und Ge¬ 
winden fortwirkt, ein kleines Häutchen von unbeschreiblicher 
Zartheit, das wie ein Trommelfell ausgespannt ist, er¬ 
schüttert, und den Schall, oder das, was wir das Hö¬ 
ren nennen, hervorbringt. 
Der Schall besteht in einer solchen zitternden Bewe¬ 
gung der Luft, die noch viel sanfter ist, als das leiseste 
Säuseln eines Windes. Und dennoch werden dadurch alle 
Töne^von Stimmen und Instrumenten bey einer vollen Mu¬ 
sik ohne Verwirrung wahrgenommen. Wie fein müssen die 
Werkzeuge des Gehörs vom Schöpfer gebildet worden seyn, 
und wte angemessen, daß sie bey dem geringsten Laute die 
erregte Wallung der Luft bemerken, da hingegen bey ei¬ 
ner stärkeren Bewegung der Luft, bey dem Winde, mehr 
Eindruck im Gefühle, als im Gehöre empfunden wird! — 
Diese Feinheit der Gehörnerven macht sie leicht verletzbar,
	        
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