Full text: Vaterländische Geschichtsbilder für die mittleren Bürgerschulen des Herzogtums Braunschweig

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waltung vermochte der große Sohn nichts zu ändern. Nur mit Hilfe 
des von seinem Vater hinterlassenen Schatzes und des ausgezeichnet ge¬ 
schulten Heeres von 83000 Mann konnte Friedrich seine gewaltigen 
Thaten vollbringen. 
; XXXII. Friedrich II. der Große 1740—1786. 
A. Friedrichs des Großen Jugend. 
• 1. Die Jugendjahre. Friedrich II. wurde am 24. Januar 1712 
zur Freude seines Großvaters Friedrichs I. und seines Vaters Friedrich 
Wilhelms I. geboren. Sein erster Erzieher war ein Franzose, dem er 
bis in sein Alter hinein dankbare Liebe bewahrte. 
Nach dem Willen seines Vaters sollte er ein guter evangelischer 
Christ, ein tüchtiger Soldat und ein sparsamer Haushalter werden, denn 
durch diese drei Tugenden hatte Friedrich Wilhelm I. den preußischen 
Staat emporgebracht. 
Aber der Kronprinz wurde in vielen Stücken das Gegenteil seines 
Vaters. Weder an der Jagd, noch am Exerzieren fand er Vergnügen; 
dagegen hatte er wie seine Mutter Neigung zur Musik und zur fran¬ 
zösischen Sprache. Er spielte meisterhaft die Flöte, las gern französische 
Bücher und trug lieber den bequemen Schlafrock oder französische Klei¬ 
dung als die enge und steife Uniform. Überraschte ihn so der Vater, 
so schalt er ihn einen „Qnerpseifer und Poeten", riß ihn an den Haaren 
durch das Zimmer und schlug ihn sogar. Der schöne Schlafrock wan¬ 
derte ins Feuer, die französischen Bücher wurden dem Buchhändler 
zurückgeschickt. 
Später wurde der Groll des Vaters gegen den Sohn noch dadurch 
vermehrt, daß dieser nicht nach dem Willen des Vaters eine braun¬ 
schweigische Prinzessin, die Tochter des Herzogs Ferdinand Albrechts II. 
von Bevern, sondern nach dem Wunsche der Mutter eine englische Prin¬ 
zessin heiraten wollte. 
2. Der Fluchtversuch und seine Folgen. Der Kronprinz konnte 
zuletzt die Strenge seines Vaters kaum noch ertragen; außerdem hatte 
der Vater einmal zu ihm gesagt: „Wenn mich mein Vater so behandelt 
hätte, ich wäre längst davon gelaufen; aber Fritz läßt sich alles gefallen." 
Da beschloß Friedrich, auf einer Reise an den Rhein nach England zu 
entfliehen. Aber der Plan ward entdeckt und vereitelt. Vor den Vater 
geführt, mißhandelte ihn dieser; „nie hat ein brandenburgisch Gesicht 
solche Schmach erlitten", ries Friedrich. Hierauf brachte man ihn unter
	        
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