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Deutsche Geschichte bis zur Gründung des nationalen Staat» 915
Sänger, der von den alten Heldensagen wie von den neuesten Ereignissen
der lauschenden Menge in der Halle des Herrenhauses oder auf dem
Dorsplatz berichtete.
ie Stände. ^ Einst waren alle freien Germanen verpflichtet gewesen, die Waffen
für das Vaterland zu tragen und es im Kampf gegen äußere Feinde zu
verteidigen. Jetzt war die Masse der deutschen Vanern hörig geworden,
um sich der Wehrpflicht zu entziehen; es bildete sich ein Verufsstand von
Kriegern, der Stand der berittenen Lehnsleute, der Ritter, dem die
Kampsespflicht oblag, und der sich seinerseits für zu gut hielt, um selbst
den Boden zu bebauen; es war ein Wehrstand, der mit Verachtung auf
den Nährstand, die Bauern, hcrabblickte. Dieser kriegerische Adel, dessen
Mitglieder ihre Lehen teils, vom Könige selbst, teils von den Vasallen
des Königs hatten, bildete in den nächsten Jahrhunderten den Kern des
Heeres; mit ihren reisigen Vasallen sind die deutschen Könige über die
Alpen gezogen, um die Kaiserkrone zu erwerben. Aber die großen
Vasallen. Vasallen waren nicht immer zuverlässige Untertanen des Königs; sie
waren, zumal seit sie erbliche Besitzer des Grafeuamts oder Grundstücks
waren, mit dem sie der König belehnt hatte, zu mächtig, als daß sie
sich seinem Willen immer gefügt hätten. Aus den großen Vasallen ent-
wickelte sich der deutsche Fürstenstand, der auf den Reichstagen mit
dem König zusammen beriet, der sich oft genug gegen ihn empört hat.
und dessen steigender Macht endlich die deutsche Kaiserherrlichkeit er:
legen ist.