Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

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bedeutender. Bei den Fürsten selbst aber erregte seine Erscheinung fort- 
währende Besorgnis. Sie sahen ihn schalten und walten wie in einem 
eroberten Lande. Überall ließ er sich als Landesherrn huldigen, in 
Würzburg sogar eine schwedische Landesregierung einrichten. Das Miß- 
trauen gegen ihn wurde noch erhöht durch den Umstand, daß er die 
wieder eroberten pfälzischen Länder nicht an den früheren Besitzer 
Friedrich V., der in seinem Gefolge war, herausgab, sondern für sich 
behielt. Nachdem Gustav Adolf den Winter über in Mainz zugebracht 
hatte, wo er schaltete, als wenn er der Herr des Reiches wäre, brach er 
im Frühjahre 1632 zu einem neuen Feldzuge auf. Er schritt auf seiner 
Siegesbahn durch Süddeutschland ungehindert weiter. Erst am Lech- 
flusse, bei Rain, wagte es Tilly, der unterdessen neue Streitkräfte an 
sich gezogen hatte, ihm den Übergang zu vermehren. Vergebens! das 
ligistische Heer wurde vom jenseitigen Ufer vertrieben, Tilly selbst, der 
sich zu weit vorgewagt hatte, über dem rechten Knie so schwer verwundet, 
daß er nach fünfzehn Tagen in dem benachbarten Ingolstadt verschied. 
Er starb (im April 1632) in seinem drei und siebenzigsten Jahre, mit 
dem Ruhme eines edelen Kriegeshelden, der in sechs und dreißig 
Schlachten Sieger und stets strenger gegen sich selbst als gegen andere 
gewesen war. Seine Truppen, denen er stets ein wahrer Vater war, 
nannten den später so viel verleumdeten Feldherrn gern den deutschen k 
Josua. 
Nachdem Gustav vergebens einen wiederholten Sturm gegen das 
feste Ingolstadt, in welches der Kurfürst von Bayern geflüchtet war, 
unternommen hatte, brach er gegen München auf. Die Hauptstadt zit- 
terte, und nur ihre freiwillige Unterwerfung konnte den Zorn des Sie- 
gers entwaffnen. Am 7. Mai hielt er seinen Einzug in Begleitung des 
geächteten Pfalzgrafen Friedrich. Beinahe ganz Bayern war jetzt in 
seinen Händen nnd wurde furchtbar gebrandschatzt. Im deutschen Reiche 
schaltete nunmehr ein fremder König mit mehr Gewalt, als je der Kaiser 
selbst, und das Ende der Dinge mar nicht abzusehen, da kein kaiserliches 
Heer vorhanden war, um dm Fortschritten des noch jüngst verhöhnten 
Schneeköniges Einhalt zu thun. Auch die Sachsen hatten unter 
ihrem Feldherrn Arn heim so glückliche Fortschritte gemacht, daß ihr 
Kurfürst schon am l. November 1631 als Sieger feierlich in Prag ein- 
zog. Bei dem Andränge so ungeheurer Not sollte Wallenstein aber- 
mals der Retter werden.
	        
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