Full text: Die Geschichte des Alterthums (Theil 1)

— 287 — 
Volkshäupter, die Varus sich geneigt glaubt, die aber längst für Her- 
inann's kühnen Plan gewonnen sind, rathen ihm, hinzuziehen und die 
Empörung zu dämpfen. Sie selbst versprechen, mit ihren Völkern zu 
ihm zu stoßen und beurlauben sich. Der sorglose Varus geht in alle 
Schlingen, welche ihm gelegt werden. Er bricht mit drei Legionen, einem 
Heere mit den Hülfstruppen von etwa 50 000 Mann, auf und dringt in 
den Teutoburger Wald (im Lippe^Detmoldschen). Nirgends findet er 
gebahnten Weg, überall dichte Wälder. Heftig strömender Regen und 
schlüpfriger Boden hemmten die Schritte seiner schwerbewaffneten Krieger. 
Da verläßt Hermann den Hinterhalt, aus welchem er die Bewegungen 
der Römer beobachtet hatte. Auch die übrigen Fürsten langen mit ihren 
Völkern au: Varus wird von allen Seiten umringt! Drei Tage und drei 
schreckliche Rächte kämpfte der Ueberlistete mit seinen vor Hunger und 
Ermattung erschöpften Soldaten gegen Feind und Ungemitter an. Nir- 
gends Hülfe! Nirgends Rettung! Da stürzt er sich aus Verzweiflung in 
sein Schwert. Seinem Beispiele folgen mehre Unterbefehlshaber. Nur 
wenige Römer entkamen, fast alle sielen als Opfer der Erbitterung eines 
freien, schwer gereizten Voltes.*) Von den Gefangenen wurden mehre den 
vaterländischen Schutzgöttern geschlachtet; andere, denen das Leben geschenkt 
wurde, mußten die niedrigsten Sklavendienste verrichten, und Mancher, 
der zu Rom in einem prunkenden Palaste gewohnt hatte, ging jetzt als 
Hirt hinter den deutschen Heerden her oder verrichtete schwere Feldarbeit. 
Die Nachricht von dieser Niederlage verbreitete zu Rom Furcht und 
Schrecken. Laut klagte der Kaiser in seinem Palaste, rannte wie ein 
Wahnsinniger mit dem Kopfe gegen die Wand und rief einmal über das 
*) In der Nähe des heutigen Detmold, auf der Spitze des 1200 Fuß 
hohen Tentberges oder Grotenburg, ist dem Befreier Deutschlands ein gro߬ 
artiges Standbild, das Hermans-Denkmal, errichtet worden. Schon im Jahre 
1838 begann der Künstler, Ernst von Bändel, das riesige Werk, welches aber 
erst nach dem letzten glorreichen Kriege unseres Volkes fertiggestellt werden 
konnte und am 16. August 1875 in Gegenwart des Kaisers und einer zahl¬ 
losen Menge enthüllt wurde. Das Denkmal mißt mit dem Unterbau der aus 
.Kupfer getriebenen Figur 183 Fuß Höhe; das Gesammtgewicht der Figur 
beträgt gegen 153000 Pfund; die Kosten des ganzen Denkmals belaufen sich 
auf etwa 78000 Thaler. 
„Deutsche Einigkeit meine Stärke, 
Meine Stärke Deutschlands Macht" 
lautet die goldene Inschrift auf dem 24 Fuß langen unb 11 Centner schweren 
Schwerte in der Faust des nach Westen, zum Rhein hin, schauenden Helden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.