d. Die Nachfolger Karls des Großen. — 2. Die späteren Karlinge. 43
Abgabe zu entrichten. Zu dem gleichen Schritte konnten den bisher
freien Mann die Verwüstungen seiner Äcker führen, denen sie durch
die Landesfeinde ausgesetzt waren. Wollte er in dieser Not Brot
zum Leben und Getreide für eine neue Aussaat erhalten, so konnte
er dies nicht anders, als indem er sich gegen Zins von dem mächtigeren
Grundherrn Unterstützung erkaufte. Er erlangte dadurch noch andere
Vorteile. Zu den Gerichtstagen wie zu den Heeresversammlungen,
deren Besuch für ihn eine drückende Last gewesen war, brauchte er
nicht mehr zu erscheinen; diese Pflichten nahm der Grundherr für
ihn wahr. Aber er trat damit auch unter die Gerichtsbarkeit seines
Herrn, wie dieser auch den militärischen Befehl über die Menge seiner
Hörigen und Unfreien ausübte, und die Möglichkeit zwangsweiser
Unterordnung solcher Grundholden unter den Willen des Grund-
Herrn war damit gegeben.
12. Erneutes Aufkommen der herzoglichen Gewalt. Indem
das Band des Königtums, das bisher das Ostfrankenreich zusammen-
gehalten hatte, sich immer mehr lockerte, trat sogleich die alte Gliede-
rung des Volkes in Stämme wieder ins Leben. Die Bayern,
Schwaben, Sachsen, Thüringer, Friesen, Franken, Lothringer
fühlten sich alsbald als selbständige Teile des Volkskörpers, und an
ihre Spitze trat meist als Leiter und Richter je der mächtigste und
tapferste unter ihnen, der imstande war als Herzog das Volk gegen
die äußern Feinde zu führen und im Innern für Ruhe und Ordnung
zu sorgen.
13. Konrad I. Als im Jahre 911 Ludwig das Kind im Alter
von 18 Jahren unvermählt starb, sahen es gleichwohl die weltlichen
wie die geistlichen Fürsten für selbstverständlich an, daß dem Reiche
wieder ein Oberhaupt gegeben werde, und man wählte auf den Vor-
schlag des hoch angesehenen Sachsen, Herzogs Ottos des Erlauchten,
den Herzog Konrad von Franken zum Könige. Anfangs stand
dieser mit den Herzögen, seinen bisherigen Standesgenossen, in gutem
Einvernehmen; mehr und mehr aber entzweite er sich mit ihnen, da
er die Interessen der Kirche gegenüber den weltlichen Herren begünstigte.
Insbesondere trat Otto der Erlauchte als sein Gegner auf. Da er
nun auch gegen die auswärtigen Feinde machtlos war und nicht ein-
mal verhindern konnte, daß Lothringen zum westfränkischen Reiche ab-
fiel, so war seine Regierung eine Zeit der innern Wirren und Kämpfe.
Er starb 918. Vor seinem Tode bat er seinen jimgern Bruder Eber¬
hard, seinen Nachfolger in der fränkischen Herzogswürde, die andern
Fürsten zu bewegen, daß sie Heinrich von Sachsen, den Sohn Ottos
des Erlauchten, zum Könige wählten, und ihm die Reichskleinodien
zu überbringen.