Alcibiades.
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begehrte selbst er ihren Rath in Staatssachen. Die Vornehmsten
und Weisesten bildeten ihren Hof und horchten ihrer geistreichen
Unterhaltung.
24 a. Alcibiades. — Sokrates. 420.
Die verschiedenen Vorfälle und Schlachten des 27jährigen
peloponnesischen Krieges wollen wir hier nicht erzählen, sondern
nur so viel sagen, daß er zum großen Schaden der Athener endigte,
und daß seitdem dieses sonst so angesehene Volk sich nicht wieder
recht hat erholen können. Während des Krieges glänzten zwei
Männer vorzüglich, die beiden Athener Alcibiades und Sokrates,
freilich auf sehr verschiedene Weise.
Alcibiades war von vornehmer Familie und vom Glücke
und von der Natur sehr begünstigt. Seine Aeltern halten ihm
ein großes Vermögen hinterlassen und die Natur ihm einen Em¬
pfehlungsbrief gegeben, der überall gilt: einen schönen Körper und
ein angenehmes, äußerst gewandtes Wesen. Aber dabei war er
ein höchst leichtsinniger, eitler, dem Vergnügen ergebener Mensch.
Schon als Knabe machte er eine Menge leichtfertiger Streiche,
zeigte aber bei dem Allen eine gewisse Größe der Seele und kühnen
Muth. Einmal würfelte er als Knabe Mit andern seines Gleichen
auf der Straße. Da kam ein Wagen gefahren: Alcibiades rief
dem Fuhrmann zu, er möchte etwas anhalten, bis das Spiel vor¬
über sei. Dieser aber fuhr immer zu und alle Knaben sprangen
auf die Seite. Nur Alcibiades nicht; er warf sich gerade vor die
Pserde hin. „Nun, Fuhrmann, fahre zu," rief er, „wenn du Herz
hast!" — Natürlich hielt der Fuhrmann die Pferde an und lenkte
endlich um. Als Alcibiades endlich größer wurde, fehlte es auch
nicht an losen Streichen, und ganz besonderes Vergnügen war es
für ihn, wenn die Leute recht viel von ihm sprachen. Täglich
nahm er sich Dinge heraus, die jedem Andern übel bekommen
wären, die man ihm aber durchließ, weil man seinen Muthwillen
einmal kannte. Einst ging er zu einem Sprachlehrer und fragte
ihn: „Hast du keins der Gedichte Homers?" Als der Gefragte mit
Nein antwortete, gab ihm Alcibiades eine Ohrfeige und ging fort.
— Ein ander Mal wettete er mit andern jungen Leuten, er wolle
einem angesehenen Manne in Athen, dem Hipponikns, auf öffent¬
lichem Markte eine Ohrfeige geben. Am andern Morgen war er
auf dem Markte. Da kam Hipponikus gegangen. Geschwind ging