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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Italien.
Heil in der Flucht suchten. Jetzt sahen die Sieger keinen Feind
mehr vor sich. Man überließ sich unbesorgt der grenzenlosen Freude,
die Beute wurde getheilt, und da es ein heißer Sommertag war,
so lösten sich die Reihen auf; man legte Panzer und Waffen ab
und erquickte sich in süßer Ruhe auf dem Rasen. Aber Karl von
Anjou hatte auf den Rath eines seiner Ritter seine auserlesensten
Reiter in eine Bergschlucht verborgen. „Jetzt ist es Zeit!" ries
jener Ritter, und der König sprengte mit den frischen Haufen in
die Ebene, wo die Sieger harmlos sich gütlich thaten. Hastig
sprangen diese auf und griffen zu den Waffen; aber ehe sie sich
noch gerüstet hatten, war ihnen der Feind nahe, und nach kurzer
Gegenwehr stoben die Deutschen auseinander. Dem armen er¬
schrockenen Konradino blieb nichts Anderes übrig, als mit seinem
Freunde Friedrich und wenigen Getreuen davon zu jagen. Nenn
Meilen legten sie im schnellsten Trabe zurück; dann machten sie
Halt, und wollten sich nach Sicilien einschiffen. Am Ufer lag ein
altes Schloß, Astura. Der Besitzer (Frangipani) merkte, daß die
Fortschiffenden bedeutende Männer sein müßten; er ahnte Anjou's
Sieg und hoffte, durch Gefaugennehmung und Auslieferung der
Fliehenden von Karl große Belohnung zu erhalten. Darum sandte
er ihnen ein Schiff nach und ließ sie zurückholen. Konradino gab
sich vertrauensvoll zu erkennen; denn er wußte, daß dieser Baron
von seinem Großvater Friedrich II. mit Wohlthaten überschüttet
worden war. Aber der tückische Italiener dachte mehr an den zu
hoffenden Gewinn, als an die Pflicht der Dankbarkeit, und lieferte
den Jüngling und dessen Gefährten aus. Anjou führte sie mit
sich nach Neapel und klagte sie auf Tod und Leben an. Alle
Richter sprachen sie los; „denn," sagten sie, „Konradino hat nichts
gethan, als sein väterliches Erbe in Anspruch genommen." Nur
ein Nichtswürdiger unter ihnen (Robert von Bari) sprach ihm das
Leben ab. „ Du allein hast Recht!" rief der König; „ es ist wahrlich
Gnade genug, wenn ich Konradino und seine Mitschuldigen nicht
wie gemeine Verbrecher am Galgen sterben lasse!" — Als den
beiden Freunden das Todesurtheil angekündigt wurde, saßen sie
im Gefängnisse eben am Schachbrette. Sie wurden leichenblaß,
als sie die schreckliche Botschaft vernahmen. Konradino bat, beichten
und seinen letzten Willen aufsetzen zu dürfen. Das wurde ihm
erlaubt, aber nur wenige Zeit dazu vergönnt.
Auf dem Markte von Neapel war ein Blutgerüste aufgerichtet
und mit rothem Tuche bedeckt. Hierhin führte man die Unglück-