Full text: Deutsche Geschichte der Neuzeit (Teil 2)

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Deutsche Geschichte. 
licheZustände. deutsche Volkswirtschaft zunächst hatte auf das schwerste ge- 
litten. Die Bevölkerung war im Durchschnitt etwa aus die Hälfte, in 
manchen Gegenden noch weit mehr zurückgegangen; eine große Menge von 
ßf$aftrti Dörfern waren zerstört und zu Wüstungen geworden. Die Landwirt- 
schaft befand sich in großer Bedrängnis, zumal da der Viehstand zu einem 
großen Teil vernichtet, da viele Gutsbesitzer von Schulden erdrückt waren, 
da der Tagelohn bei dem Mangel an Arbeitern sehr hoch war. Bei 
weitem trauriger aber als die Lage der großen Eigentümer wurde die der 
Bauern, die sich nur mit großer Mühe aus der Armut und dem Elend 
emporarbeiteten. In manchen Gegenden verloren sie ihre Bauernstellen 
an die Gutsherren, die sie aufs neue mit Fronden schwer drückten („Bauern- 
legen"). Dazu kam, daß die verarmten Bauern zur Aufbringung der 
neuentstandenen Staatssteuern herangezogen wurden. 
Auch der städtische Wohlstand war schwer getroffen: Deutschland 
war aus dem reichen Lande, das es im sechzehnten Jahrhundert gewesen 
Gewerbe, war, ein armes Land geworden. Das früher blühende Gewerbe lag 
darnieder und konnte sich, da die Kaufkraft des Volkes gesunken war, 
da andererseits englische, holländische und französische Waren in Menge 
Handel. Eingang fanden, nur langsam erholen. Ebenso schwer hatte der Handel 
gelitten. Er war zum großen Teil in der Hand fremder Kaufleute und 
wurde mit fremdem Gelde betrieben. Die Mündungen der großen deutschen 
Ströme waren in fremdem Besitz; die der Oder, Elbe und Weser hatten 
die Schweden mit Beschlag belegt, die des Rheines war in der Hand der 
Niederländer, die Weichselmündung gehörte den Polen. Den Besitz des 
Sundes, der Pforte zur Ostsee, nutzten die Dänen zur Erhebung des 
Sundzolles aus. Der Hansebund war auf die drei Städte Hamburg, 
Bremen und Lübeck beschränkt; die beiden ersteren gewannen von jetzt ab 
als wichtige Einfuhrplätze mehr und mehr einen Vorsprung vor Lübeck, 
dessen Ostseehandel ja zum größten Teil in die Hand der Holländer und 
Engländer übergegangen war. In weiten Gebieten des Inneren aber 
war der einst so lebhafte Verkehr fast erstorben. Neben den Hansestädten 
waren fast nur Frankfurt a. M., Leipzig und Breslau noch wichtige Verkehrs- 
plätze. In einer Zeit, wo Holland, England und Frankreich sich zu Handels- 
und Kolonialvölkern ersten Ranges entwickelten, wo sie die ertragreichsten 
Gebiete der fremden Erdteile mit Beschlag belegten und durch eine kluge 
Handelspolitik ihre Ausfuhr zu möglichster Höhe zu steigern wußten, sah 
sich das vormals so see- und handelsmächtige Deutschland nicht nur von 
dem Wettbewerb um überseeische Gebiete ausgeschlossen/ sondern 
mußte mühsam um die ersten Anfänge des Wohlstandes ringen.
	        
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