Vorspiele des großen Krieges. Der klevische Crbfolgestreit. § 384. 259
anaeschlossen hatte, so hatte es in den Kämpfen zu deren Erhaltung immer
nur in zweiter Linie gestanden und die Führerschaft ^
sächsischen Kurhause überlassen. Doch hatte ^oachim IL (^5—1571) klug
für das künftige Wachstum seines Hauses gesorgt, ^n Preußen saßen
seit der Säkularisation (1525) Hohenzollern auf dem Herzogsthrone
(S 351). Albrecht, der die Reformation eingeführt hatte, starb 1568 und
hinterließ nur einen schwächlichen Sohn, Albrecht Friedrich. _ Da hatte
Joachim die Mitbelehnung für das brandenburgische Haus bei Polen zu
erreichen gewußt (1569). Der junge Albrecht Friedrich war mit Mana
Eleonore, der ältesten Schwester jenes Johann Wilhelm von Kleve, verehelicht.
Aus der Ehe erwuchsen nur Töchter, von denen die älteste an den Kur-
fürsten Johann Sigismund von Brandenburg (1608—1619) vermählt
roar, ber so nicht nur auf Preußen, sondern — durch die Mutter semer
Gemahlin - auch auf die jülich-klevische Erbschaft Anspruch bekommen hatte.
Dagegen traten die Ansprüche des jungen Wolfgang Wilhelm von
Pfalz-Neubura zurück, der von einer jüngeren Schwester des klemschen
Herzogs stammte, aber als Sohn der noch Lebenden nähere Rechte auf
dessen Lande zu haben glaubte als die Tochter der bereits Verstorbenen.
Da man aber eine vorläufige kaiserliche Beschlagnahme und somit eine
Eroberung der streitigen Lande fürchtete — in der Tat ward L e opold,
der Bruder Ferdinands von Steiermark, Bischof von Straßburg und Passau,
zu deren Administrator ernannt — so vereinten sich Johann Sigismund
und Wolfgang Wilhelm 1609 zu Dortmund und besetzten die Lande
zunächst gemeinsam. Zugleich sahen sie sich nach Hilfe gegen den Kaiser
und gegen die zu ihm stehende Liga um. Diese fanden ste in der Union
und in Heinrich IV. von Frankreich, der die Vorherrschaft des spanisch-
österreichischen Hauses in Europa durch einen Krieg zu brechen gedachte
und vor allem hindern wollte, daß die Habsburger sich am Niederrhein
ausdehnten. Schon waren Union und Liga am Rhein und Main Hand-
gemein, und Heinrich IV. rüstete ein großes Heer — da wurde er 1610
durch Ravaillac ermordet. Der Ausbruch des Krieges wurde dadurch ver-
hindert. Union und Liga vertrugen sich für einige Zeit, da jene mit dem
Tode Friedrich IV. ihr Haupt verlor, Maximilian aber, der Führer der Liga,
die Habsburger selbst nicht zu mächtig werden lassen wollte. Dann aber ent-
zweiten sich Johann Sigismund und Wolfgang Wilhelm wieder. Dieser ward
katholisch, heiratete eine Schwester Maximilians und ward Mitglied der Liga;
Johann Sigismund aber trat zum Calvinismus Über und schloß sich Holland
und England, überhaupt den gegen Habsburg wirkenden Mächten in Europa
an. Wolfgang Wilhelm und die Liga zogen spanische Truppen unter
Spinola an den Niederrhein, die fürchterlich häuften und Düsseldorf, Mül¬
heim und Wesel besetzten. Dagegen faßten dann auch die Holländer festen
Fuß in Jülich und Kleve. Mehr und mehr begannen auf deutschem Boden
bereits die Fremden ihr Wesen zu treiben. Zuletzt (1614) vereinigten sich
Brandenburg und Neuburg zu einer vorläufigen, erst viel später endgültig
gewordenen Teilung; durch diese kamen Kleve, Mark, Ravensberg und
Ravenstein zu Brandenburg, während Jülich und Berg an Pfalz-
Neu bürg sielen. Doch blieben die Fremden im Lande. Noch einmal
ruhten die Waffen der großen Parteien, die bereits drohend erhoben ge-
wesen waren.
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