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Der Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519 — 1648.
mit den Toten. Die Kur und den größten Teil der ernestinischen
Lande übertrug er auf Moritz.
Ä" »„ Noch stand PhilippvonH-ss-n unter den Waffen. Auch
Hessen, er aber unterwarf sich dem Kaiser, nachdem sein Schwiegersohn Moritz
und Kursürst Joachim II. von Brandenburg sür ihn beim Kaiser
Fürsprache eingelegt hatten; freilich erreichten sie nicht mehr als da5
Versprechen, ihn nicht am Leibe oder mit ewigem Gefängnis zu strafen.
Zu H a l l e auf dem Residenzschlosse des Erzbischoss von Magdeburg
tat Philipp einen Jußsall vor dem Kaiser; als er dabei eine zu-
versichtliche Heiterkeit zur Schau trug, brach dieser in die Worte aus:
„Wohl, ich will dich lachen lehren". Er gab ihn nicht frei, indem
er sich darauf berief, daß er nur versprochen habe, ihn nicht mit ewigem
Gefängnis zu strafen. Er wollte die Gelegenheit nutzen, um den
fürstlichen Widerstand auf die Dauer zu brechen und seine kaiserliche
Gewalt fest zu begründen.
§ 129. Das Augsburger Interim. Groß war jetzt in der Tat
des Kaisers Macht. Nur wenige deutsche Stände hatten sich ihm
nicht unterworfen, vor allen Magdeburg; Karl schien in der Lage,
seinen Willen der gebeugten deutscheu Nation auferlegen zu können.
Da war es ihm sehr unwillkommen, daß er sich eben jetzt mit dem
Papste Paul III. überwarf. Dieser hatte, weil er um der Welt-
liehen Interessen des Kirchenstaats willen einen zu großen Macht¬
aufschwung des Kaisers fürchtete, schon vor der Mühlberger Schlacht
seine Truppen von dem kaiserlichen Heere abgerufen; jetzt verlegte er
gegen den Willen des Kaisers das Konzil von Trient nach Bologna.
Unter diesen Umständen machte Karl den Versuch, selbständig eine
vorläufige Ordnung der religiösen Verhältnisse herzustellen, die bis
zu der Entscheidung eines zukünftigen allgemeinen Konzils in Geltung
sein sollte. Dieses „I n t e r i m", das auf dem Augsburger Reichstag
= 1548 verkündet wurde, machte den Protestanten einige Zugeständnisse,
Interim, wie z. B. den Kelch beim Abendmahle und die Priesterehe; im übrigen
1548. aber verpflichtete es sie, sich der katholischen Kirche wieder zuzuwenden
und sich den Bischöfen wieder unterzuordnen. Solche Anordnungen
befriedigten die katholische Partei nicht und verletzten in hohem Grade
die Evangelischen. „Das Interim hat den Schalk hinter ihm", hieß
es; selbst Moritz von Sachsen veröffentlichte es nur in einer ab-
geänderten Form.
Magdeburg. Am entschlossensten weigerte sich Magdeburg das Interim
anzunehmen. Diese Stadt erlebte damals große Tage. Sie wurde
ein Zufluchtsort vieler, die ihres Glaubens wegen die Heimat ver-
lassen hatten; dort wurden die Flug- und Streitschriften gedruckt, in