Zweiter Abschnitt. Die Zeit Friedrich Wilhelms, des Großen Kurfürsten 77
1640—1688.
Diese zogen sich zurück, um sich wieder zu vereinigen, wurden aber
durch den Kurfürsten bei Fehrbellin am 28. Juni 1675 eingeholt
und vollständig geschlagen. Eröffnet war der Kampf durch die Vor-
Hut des brandenburgischen Heeres unter dem Prinzen von Hom-
bürg, der mit wenigen Reitern die Feinde aufhielt, bis die Haupt-
macht unter Derfflinger herannahte. Der Kurfürst führte selbst die
Seinen wiederholt ins Gefecht; sein Stallmeister Froben fiel, von einer
Kugel getroffen, an seiner Seite.
Mit nur 6400 Reitern und 12 Geschützen hatte Friedrich Wilhelm
das fast doppelt so starke Schwedenheer geschlagen, ihm den Ruhm
der Unbesieglichkeit entrissen und den Kriegsruhm des jungen branden-
burgischen Heeres begründet. Damals zuerst wurde der Sieger von
Fehrbellin in einem Volksliede als „der Große Kurfürst" gefeiert.
Nachdem Friedrich Wilhelm in sieben Tagen die Mark von den
Feinden gesäubert hatte, entriß er in den folgenden Jahren den
Schweden auch Vorpommern mit Stettin und Stralsund wie die Insel
Rügen. Ein Einsall des schwedischen Generals Horn von Livland her
in Preußen mißlang vollkommen: auf die Kunde von seinem Erscheinen
eilte der Kurfürst mit seinen Truppen herbei, überschritt auf Schlitten
das zngeftorene Frische wie das Kurische Haff und jagte die erschreckten
Schweden aus seinem Lande heraus. Drei Viertel des Schwedenheeres
wurden durch die Verfolgung und die strenge Winterkälte aufgerieben.
Friedrich Wilhelm sollte jedoch die Frucht seiner Siege nicht
ernten. Seine Verbündeten, Holland, Spanien und der Kaiser, hatten
1678 mit Ludwig XIV. den FriedenMmwegen abgeschlossen,
dem 1679 auch der Kaiser und das Deutsche Reich beitraten. In
diesem Frieden erhielt Ludwig von Spanien die Franche Comte und
eine Reihe der bedeutendsten festen Plätze in den Niederlanden, von
Deutschland Freiburg im Breisgau. So von seinen Bundesgenossen
verlassen und von Frankreich bedroht, mußte der Kurfürst den Frieden
zu St. Germain ^unweit Paris) 1679 schließen, durch den er ge-
zwnngen wurde, alle seine Eroberungen bis auf einen 'kleinen Strich
rechts der Oder den Schweden herauszugeben. In seiner Erbitterung
über den unrühmlichen Frieden soll Friedrich Wilhelm den Vers des
römischen Dichters Vergil ausgerufen haben: exoriäre aliquis nostris
ex ossibus ultor! („Mögest du einst als ein Rächer aus meinen
Gebeinen erstehen").