Full text: Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen

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waschen, ins Meer. Als aber Gerlind dies vernimmt, wird sie furchtbar 
zornig, läßt Dornen brechen und zu Besen binden; damit will sie Gudrun 
peitschen. Nun stellt sich aber Gudrun, um dieser Mißhandlung zu ent- 
gehen, als wolle sie endlich Hartmuts Gemahlin werden. Da wird sie 
selbst prächtig geschmückt; ihre Jungfrauen werden herbeigeholt, und statt 
der Seufzer hört man das fröhliche Lachen Gudruns. Wohl erweckt dies 
Gerlinds Mißtrauen, aber niemand hört auf ihre Warnungen, bis am 
andern Morgen die Friesen streitlustig vor der Burg erscheinen. 
In dem grausen Kampfe, der nun entsteht, fällt König Ludwig unter 
Herwigs Streichen; dafür will die böse Königin Gerlind die arme Gudrun 
enthaupten; schon ist das Schwert gezückt, da gewahrt Hartmut die Absicht 
der Mutter, und edelmütig rettet er Gudrun, die ihn verschmäht hat. Dies 
möchte Gudrun damit vergelten, daß sie vor dem grimmen Wate, der ins 
Frauengemach eindringt und Gerlind für die unwürdige Behandlung 
Gudruns züchtigen will, die Mutter Hartmuts verbirgt; aber sie vermag 
doch nicht ihre Feindin dem wohlverdienten Schicksale zu entziehen. Wate 
tötet Gerlind, ebenso wie diejenige Gefährtin Gudruns, welche allein von ihrer 
Herrin abgefallen war. 
Dann erst ruhten die Schwerter von ihrer furchtbaren Arbeit aus. 
Hartmuts Schwester Ortrun, die stets freundlich zu Gudrun gewesen war, 
wurde jetzt die Braut Ortwins. Vor der Heimfahrt fand eine Versöhnung 
mit Hartmut statt, und anstatt Gudruns gewann er deren treue Gefährtin 
Hildburg zu feiner Gattin. In Gudruns Heimat wurde die Hochzeit der 
drei Brautpaare gefeiert, und man gelobte sich allseitig Treue und Freund- 
schaft auf ewige Zeiten. 
5. Kart der Große (768—814). 
1. Theoderich hatte schon daran gedacht, seinem Volke und den andern 
von Germanen gegründeten Staaten einen festeren Halt durch Freundschafts- 
bündnisse zu geben. Es war ihm nicht geglückt. Besonders gesträubt 
gegen jede Unterordnung hatte sich der Frankenkönig Chlodwig; that- 
kräftig wie er war, hatte er felbft ein starkes Reich geschaffen, das von den 
Mündungen des Rhein ausging und unter seinen Nachfolgern außer Frank- 
reich ganz Süddeutschland in sich ausnahm. Nur die Sachsen (zwischen 
Rhein und Elbe) kämpften, heidnisch geblieben, hartnäckig gegen die Franken, 
welche eben dadurch, daß sie rechtgläubige Christen geworden waren, die 
Herrschast über die meisten Germanen errungen hatten.
	        
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