Full text: Bilder aus der Götter- und Heldensage der Griechen, Römer und Deutschen (Teil 1 = Sexta)

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fcenb gefunden, und nur seine Leiche ward dem Könige zurückgebracht, 
der in laute Klagen ausbrach. Mit ihm trauerte sein Heer und das 
ganze Frankenvolk. 
II. Cbürtngtfcbe Sagen. 
a) Cudwtg der Bifcrnc. 
In dem schönen Waldland Thüringen erwuchs die Herrschaft 
eines mächtigen Geschlechts, das später den Titel der Landgrafen 
von Thüringen führte. Die meisten Fürsten dieses Hauses waren 
hervorragende Männer, deren Namen durch das sinnige Volk der 
Thüringer mit allerhand Sagen umsponnen worden sind. 
Einer von ihnen war Ludwig der Springer. Als er 
einst wegen schwerer Vergehen vom Kaiser auf der Burg G i e - 
b i ch e n st e i n bei Halle an der Saale gefangen gehalten wurde, 
soll er durch einen kühnen Sprung vom Felsen herab in den tiefen 
Fluß sich befreit und davon seinen Beinamen erhalten haben. Er 
war auch der Gründer zweier Burgen, von denen aus seine Nach- 
kommen ihre Macht ausbreiteten, der Wartburg über Eisenach 
und der Neuenburg über Freiburg an der Unstrut. Die letzten 
Jahre seines Lebens verbrachte er als büßender Mönch in dem von 
ihm gegründeten Kloster Reinhardsbrunn. 
Sein Enkel war Ludwig der Eiserne, der schon als 
Knabe den Thron bestieg. Während der ersten Jahre seiner Herr- 
schüft wäre der Beiname des Milden oder auch des Gleichgültigen 
für ihn passender gewesen, denn er hielt sich gern an den Höfen 
des Kaisers und benachbarter Fürsten auf, wo er bei ritterlichen 
Spielen und Festlichkeiten ein vergnügtes Leben führte. Um sein 
schönes Heimatland kümmerte er sich wenig, und es focht ihn nicht 
an, daß der hochfahrende Adel des Landes sich allerhand Über- 
griffe und Gewalttätigkeiten gegen Bürger und Bauern gestattete. 
Da vollzog sich eine vollständige Sinnesänderung des Landgrafen. 
Von seiner Wartburg aus, auf der er vorübergehend weilte, ritt 
er einst hinaus auf die Jagd und verirrte sich in den dichten Wal- 
düngen. Spät am Abend erreichte er in Ruhla die Hütte eines 
.Schmieds und bat um Aufnahme. Der Schmied, der nichts von 
dem hohen Range des verirrten Jägers ahnte, labte ihn mit Speise 
und Trank und wies ihm ein bescheidenes Lager an. Am frühen 
Morgen schon wurde der Landgraf aus tiefem Schlummer durch 
die Schmiedearbeit feines fleißigen Wirtes geweckt. Verwundert 
hörte er, wie dieser jeden seiner kräftigen Hammerschläge mit den 
Worten begleitete: „Landgraf, werde hart!" Auf seine Erkundigung
	        
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