Full text: Geschichte des preußischen Staates

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erwarteten die Heiden, der Gott des Donners werde einen seiner Blitze herabsenden 
und den Mann verderben; aber es geschieht nicht. Mit kräftiger Hand haut 
Bonifacius auf den Baum ein und krachend stürzte er vor den Äugen des 
erschrokkenen Volkes nieder: Da fällt auch das Ansehen der heidnischen Götter; 
der Gott der Christen hat gefieget und große Schaaren deö Volkes bekehren sich 
zum Christenthum. Auf der Stelle des umgehauenen Baumes pflanzte er das 
Kreuz auf und aus dem Holz der Eiche erbaute er zur Ehre des Apostels Petrus 
eine Kapelle. — Am Spätabend feines Lebens, als 70jährigcr Greis, wollte er 
noch einmal als Friedensbote zu den Friesen zehen. Der Herr segnete seine 
Arbeit. Viele bekehrten sich zu Christo. Einst nun sollten die Neubekehrten in 
der Gegend von Dokkum eingesegnet werden. Der heilige Tag erschien, das 
Frühroth sandte seine leuchtenden Strahlen auf die Erde, und'die Gläubigen 
erwarteten die heilige Stunde. Es hatte sich aber ein großer Haufe heidnischer 
Friesen unter den Christenhaufcn gemischt und dieser stürzte sich gerade in dciu 
Augenblikke, wo der Heilige die feierliche Handlung beginnen wollte, auf ihn 
und seine Gehülfen los. Die jungen Christen griffen schnell zu den Waffen und 
drangen auS ihren Zelten auf die Feinde. Bonifacius aber rief ihnen zu-: 
„Kinder! fechtet nicht; daö Wort Gottes verbietet uns, BöftS mit Bösem zu 
vergelten. Der Tag ist gekommen, den ich lange erwartet habe; hoffet auf Gott; 
er wird eure Seelen retten." Die Heiden stürmten nun hervor, und tödteten 
den Bonifacius und 53 der Seinen. So endete er im Jahre 755. 
llm jene Zeit herrschte Karl der Große, ein Mann von großem Geiste, 
über die Franken. Er arbeitete mit ganzer Seele und ans allen Kräften, das 
Christenthum in seinem Reiche zu verbreiten; leider brauchte er nicht immer die 
rechten Mittel. Dennoch aber wurde er durch Gottes Gnade ein Segen für die 
abendländische Christenheit. — Das seligmachcnde Evangelium brach sich immer 
mehr und mehr Bahn. Es war der Sauerteig, der endlich den ganzen Teig 
durchsäuern sollte, — das Senfkorn, das zum großen Baume werden, und 
' unter welchem die Vögel des Himmels nisten sollten. ' 
Dankt dem Herrn, ihr seine Frommen, dall er zn nn» ancl> ist gekommen mit seinem Wort 
nnd Sakrament, das, er hier sein Reich gegründet, sein heilig Feuer angeumde«, da« »och in 
«cbristcnherccn brennt. Uhrist. unser Morgcnlicht, de« Vater- Angesicht, Nah' und ferne strahlt 
noch dein Schein so warm und rein in arme Sünderherzen ein. 
Nacht und Zorn nnd Todc-araucn lag, ach! so schwer ans unsern Gauen, Blut rüthctc den 
Lpserstcin, Herze» weinten hcisie Thränen; doch ungestillt blieb all' ihr Sehnen, die <-rbe Hai nur 
Trug und Pein. O goldne- Morgenroth. du Trost in aller Noth, Jesu» Christ»«, gelobt seist 
du, du tratst herzu und gabst den müden Seelen Ruh. 
*, 
Irrlehren und Mi ßbrä uchc in der christlichen Kirche. Die 
einfache Lehre unsers Herrn und HcilgndcS Jesu Christi, wie sic in den Zeugnissen 
der heiligen Schrift vor achtzchnhundert Jahren niedergelegt und aufgeschrieben 
ist, war im Laufe der Jahrhunderte vielfältig durch Menschensatzungen verunreinigt, 
die Verfassung der Kirche aber durch schnöde Mißbräuche entstellt worden, wie 
hier im Einzelnen erzählt werden soll. 
1. Die erste christliche Kirche hatte auch ihre Bischöfe, d. i. fromme, 
verständige Männer, welche die einzelnen christlichen Genieinden' überwachten und 
leiteten; sie hatte Diakonen, d. i. Diener oder Helfer, welche den Bischöfen 
hei der Handhabung der äußeren Ordnung der Kirche hülfreichc Hand leisten 
mußten und insbesondere die Almosen an Dürftige vertheilen; sie hatte endlich 
Aelteste oder Presbyter, welche den Vorstand der Gemeinde bildeten und 
gleichsam die Stelle der ganzen Gemeinde vertraten. Das war eine gute und 
löbliche Verfassung, denn eine feste Ordnung muß Statt finden, überall, wo 
Menschen sich zu irgend einem Zwckke verbinden, wie viel mehr, wo Menschen 
sich vereinigen, ihren Gott zu verehren, der nicht ein Gott der Unordnung, 
sondern des Friedens ist, wie in allen Gemeinden der Heiligen (I.Kor. 14, 33).
	        
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