6. Die Nibelungensage.
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übernahm von seinem alternden Vater Siegmmtb die Herrschaft und
regierte mit Kraft und Gerechtigkeit. Nach zehn Jahren ungetrübten
Glückes bekam das Königspaar einen Sohn.
6. Oer Nibelungen Besuch in Worms. Siegfried hatte sich
in Island Brunhilde gegenüber fälschlich als Gunthers Dienstmann be¬
zeichnet. Brunhilde wunderte sich daher, daß er ihrem Manne keinen
Zins zahlte und nie zur Huldigung bei Hofe erschien. Wenn sie aber
Gunther darum befragte, so gab er ihr ausweichende Antwort. Da griff
sie zu einer Qst. Sie sagte, sie habe Sehnsucht nach Siegfried und Kriem-
hilde, und bat ihren (Batten, er solle sie einladen. Das tat Gunther, und
Siegfried versprach zu kommen, von einem stattlichen (Befolge begleitet,
zog er mit Kriemhilde nach Worms. Dort wurden nun täglich Feste
gefeiert und mancher lvettkampf zu Pferd und zu Fuß veranstaltet.
7. Der Zwist der Königinnen. Einst schauten die beiden
Königinnen dem Kampfe zu, und Krienthilde rühmte Siegfrieds Starke
und Herrlichkeit. Da hielt ihr Brunhilde vor, daß Siegfried nur Gunthers
Dienstmann sei. voll Stolz entgegnete Kriemhilde, nie werde Siegfried
dem Burgunderkönige Dienste leisten. Sie gingen zornig auseinander.
Rls Kriemhilde darauf den Gottesdienst im Münster besuchen wollte,
verwehrte Brunhilde ihr den vortritt, weil sie die Gattin eines Dienst¬
manns sei. Da rief ihr Kriemhilde vor allem Volk zu, nicht Gunther,
sondern Siegfried habe sie einst überwunden. Sie stritten mit heftigen
Worten - nur mühsam stellten Gunther und Siegfried den Frieden her.
8. Siegfrieds Tod. Rber Brunhilde konnte die Kränkung nicht
verschmerzen, und Hagen versprach ihr, sie an Siegfried zu rächen. (Er
gewann auch Gunther für seine Absicht. Man rüstete zum Schein einen
neuen Kriegszug gegen die Sachsen und Dänen. Kriemhilde war besorgt
um Siegfrieds Leben. Zum Unglück bat sie Hagen, ihren Mann zu
schützen, ja sie bezeichnete ihm sogar Siegfrieds verwundbare Stelle durch
ein rotes Kreuz auf dessen Gewände. Angeblich aber standen nun die
Feinde vom Krieg ab, und man zog statt in den Kampf auf die Jagd
in den Odenwald. Rls Siegfried dort sich ahnungslos zu einer Quelle
niederbeugte, um seinen Durst zu stillen, stieß Hagen ihm seinen Speer
in den Rücken, hoch spritzte das Blut auf; bald sank der Held bleich
auf den Rasen und verschied.
Hagen ließ den Leichnam in der Nacht vor Kriemhildens Kammertür
legen. Dort fand sie ihn am Morgen. Mit Küssen bedeckte sie Sieg-
friebs Haupt und brach in herzzerreißende Klagen aus. Endlich ließ
sie die Leiche im Münster aufbahren. (Einzeln traten die Burgunden
heran, um von dem Toten Rbschied zu nehmen. Und sieh, als Hagen
flnörä. Lehrbuch 6. Geich, f. höh. Mädchenschulen. Vorstufe.
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