128 Die Revolution von 1848 und die darauf folgende Reaktion.
Truppenteile zur Meuterei und ermordeten den Kriegsminister Latour auf
grauenhafte Weise. Der Hof floh aufs neue (nach Olmütz), und in Wien
begann ein Schreckensregiment des Pöbels und der radikalen Studentenschaft.
3. Nachdem sich somit die Regierung als völlig unfähig erwiesen hatte, die
politische Bewegung in gesetzliche Bahnen zu leiten, wurde die staatliche Ordnung
durch den Sieg der Militärpartei wiederhergestellt.
a. Von Olmütz aus erließ der Kaiser ein Manifest, das die Völker
Österreichs zum Kampfe gegen die Anarchie aufrief. Vergeblich suchte nun
der Reichstag zu vermitteln und die Regierung zum Erlaß einer allgemeinen
Amnestie zu bewegen; der Kaiser stand jetzt unter dem Einflüsse der nam-
hastesten Vertreter der Militärpartei, die auf eine energische Unterdrückung der
Revolution drängte.
b. In Böhmen hatte der Fürst Windischgrätz den Aufstand der Tschechen
mit leichter Mühe niedergeworfen; jetzt rückte er gegen Wien vor, und der
Banus Jellachich nahte von Ungarn aus. Fürst Felix Schwarzenberg,
der Führer der zu energischem Kampfe gegen die Revolution entschlossenen
Militärpartei, verweigerte jede Unterhandlung mit den Aufständischen. Am
30. Oktober siel Wien in die Hand der Sieger, die nun ein schweres Straf-
gericht über alle Schuldigen und Verdächtigen ergehen ließ.
Anmerkung. Am 9. November wurde in Wien auch eines der beiden Mitglieder
der Deputation, welche die „Linke" des Frankfurter Parlamentes nach Wien entsandt
hatte, der bekannte Leipziger Abgeordnete Robert Blum, standrechtlich erschossen.
c. In Olmütz aber setzte die Militärpartei jetzt in einer Art Palast¬
revolution die Abdankung des unfähigen Kaisers Ferdinand durch; am
2. Dezember 1848 trat dessen Neffe Franz Joseph die Herrschaft in den
habsbnrgischen Ländern an, zunächst freilich nur, um sich ganz und gar ber
Leitung ber militärischen Machthaber zu überlassen. Unter bem neuen Minister-
prästbenten Schwarzenberg verfolgte bie österreichische Regierung seit langer
Zeit wieder zum ersten Male mit „festem Willen klare Ziele". Der Grund-
gedanke, den Schwarzenbergs Politik mit rücksichtsloser Energie vertrat, war
die Verschmelzung der österreichischen Länder zu einem einheitlichen Staate
mit straff zentralisierter Organisation (Joseph II.) und die Behauptung der
österreichischen Vorherrschast in Deutschland und Italien.
a. Zur Durchführung dieser Pläne mußte zunächst die neue konstitutionelle
Bewegung beseitigt werden; der Reichstag wurde daher von Wien nach dem
kleinen mährischen Städtchen Kremsier verlegt, wo er, fern von den Ein-
flüssen der Hauptstadt, ganz unter der Gewalt der Regierung stand. Die
Ablehnung einer Verfassungsvorlage gab die Veranlassung zur Auflösung des
Reichstages (1849) und zum Erlaß einer oktroyierten Verfassung, bie nur ben
Schein konstitutioneller Formen wahrte; in Wirklichkeit herrschte in Österreich
ein neuer Absolutismus, ber sich aus bie Militärmacht stützte.
ß. Die Selbstänbigkeitsbestrebungen ber italienischen unb ungarischen
Gebiete würben schonungslos unterbrückt.
In Italien hatte bie nationale Bewegung schon im Juli 1848 bitrch
den Sieg bes wieber vorbringenben Felbmarschalls Rabetzky bei Eustozza
eine unglückliche Wenbung genommen; aber bie Vorgänge in Wien ermunterten
Karl Albert im Jahre 1849 zur Wiebereröffnung bes Kampfes; allein der
greife Felbherr ber Österreicher behauptete auch diesmal (bei Mortara und