Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

282 
jährlichen Zeiten täglich, wurde dastzheilige Abendmahl gefeiert, an 
dem die ganze Gemeinde. Theil nahm. 
Die Taufe geschah in der ersten Zeit der Verkündigung des 
Evangeliums an Erwachsenen nach vorhergegangenem Unterricht, und 
zwar durch völlige Untertauchung unter das Wasser. Nach der Taufe 
bekam der Täufling ein reines, weißes Gewand. Das sollte ihm 
andeuten, daß sein voriges sündliches Leben aufhören und ein neues 
gottgeheiligtes Leben beginnen müßte. Diejenigen, die noch im vor¬ 
bereitenden Unterricht standen, hießen Katechumenen. Aus Furcht, den 
Bund der Taufe durch Sünden wieder zu verletzen, verschob man 
die Taufe oft lange. Keiner wurde aber getauft, der nicht vorher 
überzeugende Beweise der Sinnesänderung gegeben hatte. 
Vor dem Abendmahl genossen die Christen ein gemeinschaftliches 
Mahl, das Liebesmahl, griechisch Agape genannt. Jeder brachte dazu 
aus seinem Hause Speise und Trank, und Alles wurde gemeinschaftlich 
vertheilt. Der Reiche aß von dem Brod des Armen, und der Arme 
genoß die Speise des Reichen. Dies Liebesmahl, welches die innige 
Verbindung der Christen unter einander darstellen und erhalten sollte, 
schloß mit dem Bruderkuß. Bei der Feier des heiligen Abendmahls, 
die ganz nach der einfachen Weise der Einsetzung gehalten wurde, 
durfte kein Heide, nicht einmal ein Katechumene gegenwärtig sein. 
Das Gebet nannte man die Seele des Christenlebens und die Mauer 
des Glaubens. Die Christen waren nicht an festgesetzten Zeiten zum 
Gebet gebunden. Doch hielten sie es für schicklich, Morgens und 
Abends und beim Genuß der Speisen zu beten. „Sollte der Leib 
sich laben und die Seele ohne Erquickung bleiben?" sagten sie. Am 
Tag des Herrn pflegte man stehend zu beten, weil der Herr an die¬ 
sem Tage die Menschen wieder aufgerichtet habe aus Sünde und 
Noth; an den übrigen Tagen wurde meist knieend gebetet. 
Christliche Feste waren: das Auferstehnngsfest, dem zwei stille 
Tage, zum Andenken des Todes Jesu, vorangingen; das Fest des 
heiligen Geistes, und etwas später auch das Weihnachtsfest. Außer¬ 
dem pflegte auch jede Gemeinde die Tage, an welchen ihre frommen 
Lehrer oder Christen ans ihrer Mitte als Märtyrer geblutet hatten, 
als ihre Gcdächtnißtage auszuzeichnen. 
Die christliche Gemeinde übte strenge Kirchenzucht; die unordent¬ 
lichen Glieder wurden erinnert und ermahnt; wenn aber Jemand 
durch offenbare Sünden Aergerniß gab, oder in der Verfolgung 
Christum verleugnete, der wurde als ein des Christennamens Un- 
V
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.