Die Entscheidung des Kampfes um die Vorherrschaft in Deutschland. 221
Die schwerste Aufgabe harrte der Armee des Kronprinzen, welche die
engen Pässe der Sudeten bei Xrautenau (Garde und 1. Korps) und Nachod
(5. Korps unter Steinmetz und 6. Korps) überschreiten mußte.
c. Da Benedek in dem Moment, wo die preußischen Heere in Böhmen
eindrangen, eben im Begriff war, seine Truppen an der oberen Elbe zu
konzentrieren, stießen die vordrängenden Preußen überall auf die im Aufmarsch
befindlichen Gegner und brachten ihnen, ehe es zu einer Hauptschlacht kam,
eine Reihe empfindlicher Niederlagen bei, welche die Aktionsfähigkeit der
österreichischen Hauptarmee auf die Verteidigung beschränkten.
a. Herwarth von Bittenfeld und Prinz Friedrich Karl stießen zuerst mit
den am weitesten nordwestlich vorgeschobenen Truppen des Generals Clam-Gallas
und des Kronprinzen von Sachsen (60 000 Mann) zusammen, welche beauftragt
waren, die Jferlinie zu halten. Am 26. Juni wurden die Österreicher von
der Vorhut der Elbarmee bei Hühnerwaffer und am 26. und 27. Juni von
den Vortruppen der 1. Armee bei Liebenau und Podol zurückgeworfen; am
28. Juni erlitten die vereinigten Österreicher und Sachsen bei Münchengrätz
und am 29. Juni bei Gitschin neue entschiedene Niederlagen, die das Korps
des Grafen Clam-Gallas fast zertrümmerten.
Die Elbarmee und Prinz Friedrich Karl hatten damit ihre nächste Auf¬
gabe gelost und den vorgeschriebenen Sammelpunkt erreicht.
ß. Inzwischen begann auch die Armee des Kronprinzen aus den Gebirgs¬
pässen hervorzubrechen. Das 1. preußische Korps wurde zwar am 27. Juni
bei Trautenau infolge der allzu großen Bedachtsamkeit seines Führers (Bonin)
geschlagen; aber der Sieg ber Garden am folgenden Tage (bei Trautenau-
Soor) öffnete biefem Teile ber kronprinzlichen Armee bie Eingangspforte in
Feinbeslanb bennoch.
Mit eiferner Energie erzwang der Führer des 5. preußischen Korps
(Steinmetz) bei Nachod (27. Juni) ben Austritt aus ber Enge bes Nachober
Passes. Am 28. Juni stauben ben ungestüm vorbrängenben Preußen bei
Skalitz brei österreichische Armeekorps gegenüber, unb wenn ber Feinb diese
Übermacht zu einem gewaltigen Vorstoß gegen bie Minberzahl ber preußischen
Streitkräfte benützt hätte, stand dem Heere des Kronprinzen eine schwere
Niederlage bevor. Aber Benedek gedachte den Hauptangriff gegen die Armee
des Prinzen Friedrich Karl zu richten, er befahl feinem 6. und 8. Korps
den Abmarsch nach der Jser. Während das 6. Korps dieser Anordnung
nachkam, ließ sich das 8. Korps durch den Angriff ber Preußen bei Skalitz
festhalten unb würbe geschlagen. Dasselbe Schicksal bereitete Steinmetz am
29. Juni bem 4. österreichischen Korps bei Schweinschäbel, währenb bie
Garbe an bemselben Tage bas Gablenzsche (10.) Korps bei Königinhof
abermals aufs Haupt schlug.
Damit war bie Vereinigung ber beiben getrennten Abteilungen bes
kronprinzlichen Heeres unb zugleich bie Verbinbung mit ber 1. Armee gesichert.
Am 30. Juni reisten König Wilhelm unb Moltke nach Böhmen ab, um
bie Führung bes Heeres an Ort unb Stelle zu übernehmen unb die in naher
Aussicht stehende Hauptschlacht vorzubereiten.
Anmerkung. König Wilhelm und Moltke.
„Man hat die Stellung Bismarcks zu seinem Könige derjenigen eines Stabschefs
zu seinem Generale verglichen. Aber abgesehen davon, daß da das immerhin Deutlichere
durch das Undeutlichere erläutert wird, so trifft der Vergleich mindestens bis 1866 doch