Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

Ursache und Anlaß. 
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Dauer eines Krieges der Zucht des Heeres nicht günstig, und endlich war 
er der Meinung, daß die ganze Kraft seiner Truppen im Angriff liege. 
Obwohl er also eine rasche Entscheidung bevorzugte, war er doch 
nicht imstande, sie unter allen Umständen zu erzwingen, da es Stellungen 
gab, die anzugreifen unmöglich war, andrerseits setzte der Grundsatz, die 
Truppen nur aus Vorratshäusern zu verpflegen und den gesamten Heeres- 
bedars nachzufahren, die Bewegungsfreiheit herab. 
H 41. Ursache und Anlaß. Die Begründung einer neuen Groß- 
macht auf dem sonst so zerrissenen Boden Deutschlands drohte die bis- 
herigen Machtverhältnisse zu verschieben und rief überall Beunruhigung 
hervor. Österreich konnte nicht den Verlust einer der blühendsten Pro- 
vinzen verschmerzen, die Maria Theresia weniger „als ihren Leibrock" 
missen wollte. Sachsen sah sich beiseite gedrückt und in der Hoffnung, 
das Kurfürstentum mit dem Königreich Polen räumlich zu verbinden, 
stärker denn je getäuscht. Rußland, das umgekehrt nach Westen sich 
auszudehnen trachtete, sah sich durch die junge starke Macht in Nord- 
deutschlaud gleichermaßen gehemmt; dazu kam noch die persönliche Feind- 
schast der Kaiserin Elisabeth gegen Friedrich. Am Hof zu Versailles 
hatte man zwar bis in die jüngste Zeit an der überlieferten Feindschaft 
gegen das Habsburgische Haus festgehalten, aber im letzten Grunde doch 
nur, weil dieses damals die deutsche Reichsmacht verkörperte. Jetzt, nach- 
dem neben Habsburg das Haus der Zollern ebenbürtig, ja fast schon 
überragend getreten war, konnte diese neue Macht, zumal mit einem solchen 
König an der Spitze, als die größere Gefahr erscheinen. So gelang es 
allmählich den Bemühungen des Grafen Kaunitz, der von einer andern 
persönlichen Feindin Friedrichs, der Marquise von Pompadour, unter- 
stützt wurde, Ludwig XV. auf die Seite Österreichs zu ziehen. 
Diese Annäherung wurde beschleunigt, als England, damals Frank- 
reichs schärffter Nebenbuhler zur See und seit 1755 mit ihm wegen nord¬ 
amerikanischer Besitzungen im Kriege, mit dem preußischen Könige 
einen Vertrag abschloß, der freilich mit den zunächst schwebenden Macht- 
fragen unmittelbar nichts zu tun hatte. 
England hatte beim Ausbruch des Kolonialkrieges durch einen Vertrag 
mit Rußland sich dessen Hilse für die Behauptung Hannovers zu sichern 
gesucht. Da Friedrich seinerseits eine russische Truppenmacht natürlich 
nicht gern in unmittelbarer Nähe seiner Staaten hätte auftauchen sehen, 
entschloß er sich zu jenem Vertrage mit England (zu Westminster), durch 
den er beabsichtigte, die Russen von Norddeutschland fernzuhalten: er 
hoffte aber auch, mit Hilfe des englischen Einflusses in Petersburg seine 
eigenen Beziehungen zu diesem Hofe zu verbessern. Eine Feindseligkeit 
gegen Frankreich hatte er nicht beabsichtigt. 
Die Hoffnung Friedrichs, seine Beziehungen zu Rußland durch den 
Westminstervertrag zu verbessern, erwies sich dagegen als trügerisch, da 
man hier den englisch-rnssischen Vertrag geradezu als ein Mittel betrachtet
	        
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