Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges (Teil 1)

234 Deutsche Geschichte in der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege. 
in dieser prinzipiellen Frage leider nach, woraus der Kaiser schloß, daß 
er die Protestanten getrost schärfer anfassen dürfe. 
4. In einzelnen geistlichen Gebieten Deutschlands begannen die 
neu eingesetzten Kirchenfürsten strengerer Richtung, den Protestantismus zu 
vernichten. 
Augsburg, Hildesheim. Trier wurden mit Bischöfen besetzt, die sich auf 
die Bekämpfung der Reformation verpflichtet hatten und gegen den in ihren 
Bezirken bereits weit verbreiteten Protestantismus energisch vorgingen. Am 
radikalsten verfuhr in dieser Richtung der Abt Balthasar von Dermbach 
in Fulda, und auch im Eichsfelde setzte eine erfolgreiche Gegenreformation 
ein. Die protestantischen Reichsstände aber mußten sich gegenüber solchen 
Verlusten des Protestantismus infolge ihrer politischen Uneinigkeit mit lahmen 
und gänzlich erfolglosen Protesten behelfen. 
5. Dem energischen Eingreifen der Kurie und der katholischen Reichs- 
stände gelang es, die dem Erzbistum Köln drohende Säkularisation 
abzuwenden. 1577 war in Köln nach dem Verzicht des Salentius von Isenburg 
der Graf Gebhard Truchseß von Waldburg auf den erzbischöflichen Stuhl 
gelangt, welcher alsbald den Jesuiten eine feste Stätte in Köln bereitete. Nun 
verliebte er sich aber in die Gräfin Agnes von Mansfeld, heiratete sie und 
gedachte sein Erzbistum zu säkularisieren. „Es wäre, gelang die Absicht, der 
furchtbarste, vielleicht der entscheidende Schlag gegen den deutschen Katholizismus 
gewesen. Es hätte geheißen, dem katholischen System des Mittel- und Nieder- 
rheins das Herz nehmen; eine westliche Bastion des norddeutschen Protestan- 
tismus bilden, die bald durch Protestantisierung der westfälischen Bistümer 
mit der Hauptfeste verbunden worden wäre; einen Zufluchtsort ferner schaffen 
für die niederländischen Protestanten, und nicht bloß einen Zufluchtsort, nein, 
auch eine Stätte stetigen Ausfalls; es hätte endlich bedeutet, die süddeutschen 
Fürstentümer, in denen vielfach halbprotestantische Dom- und Stiftskapitel vor- 
Händen waren, auf den Weg der Protestantisierung fortreißen. Im Reiche 
aber wäre die Protestantisierung des Kurfürstenkollegs und damit 
die Aussicht auf ein protestantisches Kaisertum und eine protestantische 
Reichsverfassung die Folge gewesen." (Lamprecht.) Allein die protestantischen 
Fürsten vermochten diese Zusammenhänge nicht zu erkennen. Als die Kurie 
Gebhard absetzte und den Prinzen Ernst von Bayern an seine Stelle ein- 
schob, dachten die evangelischen Fürsten nicht daran, dem von bayrischen Truppen 
bedrängten Erzbischof Gebhard beizustehen. Indem dieser erlag und nach Holland 
flüchten mußte (die Hilfe des wenig mächtigen Prinzen Johann Kasimir von der 
Pfalz reichte nicht aus, ihn zu halten), wurde die Eroberung dieses ehemaligen 
Kernlandes der alten Kirche endgültig aufgegeben, ja die protestantischen Kur- 
fürsten waren leichtsinnig genug, dieser Wendung durch Anerkennung des wider- 
rechtlich zur Kur gelangten Erzbischoss Ernst ihre Zustimmung zu geben. 
„So entnahm der Katholizismus dem großen Erfolge am Rhein die Auf- 
forderung, auf der ganzen Linie des Kampfes vorzugehen, hartnäckig und selbst- 
bewußt, in wiederholten, von der Kurie mit wachsendem Eifer begünstigten Ver- 
suchen einer Einigung aller seiner Fürsten, keineswegs bloß in flüchtigen Stößen. 
Unter diesen Umständen war klar, daß der Protestantismus, in die Defensive 
gedrängt, jetzt nur noch in straffer Einheit auf die Dauer würde wider- 
stehen können; andernfalls mußte die gut geleitete Kraft der alten Kirche das 
lose Gefüge seiner Verbreitungsgebiete langsam zerbröckeln." (Lamprecht.)
	        
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